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Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil06.11.2007
Pharmaunternehmen kann Umsatzsteuer aufgrund des Zwangsrabatts kürzen
Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass sich der von den Pharmaunternehmen zu gewährende gesetzliche Herstellerrabatt aus dem Nettoverkaufspreis errechne und die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer mindere.
Streitig war die umsatzsteuerliche Behandlung einer Regelung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach § 130 a Abs. 1 SGB V erhalten die Krankenkassen von Apotheken ab Januar 2003 für abgegebene Arzneimittel einen Abschlag in Höhe von 6 % des Herstellerabgabepreises. Pharmazeutische Unternehmen sind aber verpflichtet, den Apotheken den Abschlag zu erstatten. Diese Regelung wird meist als Herstellerrabatt oder auch Zwangsrabatt bezeichnet.
Die Klägerin ist Herstellerin von Pharmazeutika. Sie vertrat die Auffassung, dass es sich bei dem Herstellerrabatt um einen Nettorabatt handle. Deshalb berechnete sie den Rabatt aus dem Nettoverkaufspreis und zahlte ihn über Apothekenabrechnungszentren an die Krankenkassen. Gleichzeitig minderte sie in dieser Höhe die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. Das beklagte Finanzamt meinte hingegen, der Rabatt enthalte Umsatzsteuer und nur der Nettobetrag mindere die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. Deshalb erhöhte es die von der Klägerin zu zahlende Umsatzsteuer um weniger als 1 %.
Das Finanzgericht Baden-Württemberg gab der Klägerin Recht. Die Höhe der Umsatzsteuer bemesse sich nach dem Umsatz und dieser nach dem Entgelt für die erhaltene Leistung. Zum Entgelt zähle nicht die Umsatzsteuer und durchlaufende Posten, also Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahme und verausgabe. Ermäßige sich das Entgelt durch eine nachträgliche Vereinbarung, z. B. durch Gewährung eines Preisnachlasses, vermindere sich auch die Höhe der Umsatzsteuer.
Das Gericht sieht in dem gesetzlich geregelten Rabatt eine solche Entgeltminderung. Bemessungsgrundlage für die Lieferung der Arzneimittel sei zwar zunächst das mit den Apotheken vereinbarte Entgelt ohne Berücksichtigung des Herstellerrabatts gewesen. Der später gewährte Rabatt sei aber zu Recht aus dem Nettobetrag errechnet worden. Die Berechnung des Rabatts aus dem Nettobetrag entspreche der Auffassung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung. Eine Umdeutung des Nettobetrags in einen Bruttobetrag, wie dies das Finanzamt vorgenommen und deshalb die Umsatzsteuerforderung erhöht habe, sei nicht möglich. Allerdings - so der Hinweis des Gerichts - müssten die Apotheken als Abnehmer der Lieferungen entsprechend dem aus dem Nettobetrag errechneten Rabatt den in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug berichtigen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.01.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des FG Baden-Württemberg vom 15.01.2008
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