Dokument-Nr. 10698
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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Urteil07.12.2010
Vegetarier hat Anspruch auf fleischlose Kost im Gefängnis - EGMR verurteilt Polen zu Schmerzensgeld wegen Fleischkost-ZwangGefängnis darf vegetarische Kost, die aus religiösen Gründen verlangt wird, nicht verweigern
Ein Vegetarier hat auch im Gefängnis Anspruch auf fleischlose Kost. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden.
Im zugrunde liegenden Fall klagte ein Gefangener, der derzeit im Nowogród Gefängnis (Polen) untergebracht ist. Janusz Jakóbski, 1965 geboren, ist polnischer Staatsbürger und verbüßt eine Haftstrafe von acht Jahren wegen Vergewaltigung, zu der im Jahre 2003 verurteilt worden war.
Gefangener verlangt vegetarische Kost
Jakóbski ist Buddhist. Er beantragte mehrmals - als er noch im Gefängnis in Goleniów untergebracht war - dass ihm vegetarische Kost gereicht würde. Die vegetarische Kost gehöre zu seiner Religion, argumentierte er. Sein Verlangen wurde jedoch von der Gefängnisleitung abgelehnt. Anderen religiösen Gruppen würden dagegen im Gefängnis spezielle Diäten verabreicht werden, argumentierte er weiter.
Ablehnung der Fleischmahlzeiten könnte als Beginn eines Hungerstreiks angesehen werden
Die Fleischmalzeiten habe er nicht ablehnen dürfen, da dies sonst als Beginn eines Hungerstreiks hätten angesehen werden können, was eine Disziplinarstrafe nach sich gezogen hätte.
Gefangener sieht sich in seiner Religionsfreiheit verletzt
Jakóbski sieht in der Ablehnung seines Antrags eine Verletzung des Art. 9 der Europäische Menschenrechtskonvention (Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit). Außerdem sei Art. 14 verletzt (Diskriminierungsverbot).
EGMR bestätigt Verletzung der Religionsfreiheit
Der Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte urteilte einstimmig, dass eine Verletzung von Jakóbskis Rechten aus Art. 9 (Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit) vorliege. Für eine gesonderte Prüfung einer eventuellen Verletzung des Art. 14 (Diskriminierungsverbot) sah das Gericht keine Notwendigkeit mehr.
EGMR: Vegetarische Kost stellt keinen besonderen Aufwand dar
Der Gerichtshof führte aus, dass das Anliegen von Jakóbski keinen großen Mehraufwand im Gefängnisbetrieb erfordere. Der Häftling fordere nicht, dass für ihn extra Essen gekocht werde oder spezielle Produkte serviert würden. Es gehe lediglich darum, dass der Häftling ein Essen ohne Fleisch bekäme. Die polnischen Behörden hätten nicht fair zwischen den Interessen der Gefängnisverwaltung und dem Recht auf Religionsausübung abgewogen, urteilte der Gerichtshof weiter.
Polen muss Schmerzensgeld zahlen
Gemäß Art. 14 (Gerechte Entschädigung) der Europäischen Menschenrechtskonvention verurteilte der Gerichtshof Polen zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,- Euro an Jakóbski.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.12.2010
Quelle: ra-online, Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (pt)
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