15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen das RBB-Sendezentrum, einen dreiteiligen Gebäudekomplex des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) in Berlin.

Dokument-Nr. 6280

Drucken
Urteil26.06.2008Gerichtshof der Europäischen UnionT-442/03
ergänzende Informationen

Gerichtshof der Europäischen Union Urteil26.06.2008

EuGH zu Beihilfen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Der Europäische Gerichtshof erklärt die Entscheidung der Europäischen Kommission über bestimmte Maßnahmen Portugals zugunsten der Radiotelevisão Portuguesa teilweise für nichtig. Die Kommission hat einige ihrer Feststellungen nicht begründet und gegen ihre Pflicht zu sorgfältiger und unvor­ein­ge­nommener Prüfung verstoßen.

Die Radiotelevisão Portuguesa (RTP) ist das mit der Veranstaltung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Portugal betraute staatliche Unternehmen.

Im November 2001 eröffnete die Kommission, nachdem ihr mehrere Beschwerden der SIC vorlagen, ein Prüfverfahren hinsichtlich einer Reihe von Maßnahmen, die die Portugiesische Republik zugunsten der RTP in den Jahren 1992 bis 1998 durchgeführt hatte. Am Ende dieses Verfahrens stellte die Kommission fest, dass einige dieser Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare staatliche Beihilfen seien, andere hingegen nicht.

Im Dezember 2003 hat die SIC gegen diese Entscheidung beim Gericht erster Instanz Nichtig­keitsklage erhoben.

Das Gericht befindet erstens, dass die Kommission ihre Feststellung, dass die der RTP bei der Umwandlung in eine Aktien­ge­sell­schaft gewährten Abgaben­be­freiungen keine staatliche Beihilfe darstellten, nicht begründet hat. Deshalb erklärt das Gericht diesen Teil der Entscheidung für nichtig.

Sodann führt das Gericht aus, dass Portugal entgegen dem Vorbringen der SIC nicht verpflichtet war, vor der Vergabe der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaft­lichem Interesse im Bereich des Fernsehens an die RTP eine Ausschreibung durchzuführen. Die in Art. 86 Abs. 2 EG vorgesehene Ausnahme von dem Verbot staatlicher Beihilfen enthält nämlich kein derartiges Erfordernis. Außerdem ist die RTP nicht Konzes­si­ons­in­haberin im Sinne der rechtlichen Rundfunks erklärt und rechtfertigt es, dass ein Mitgliedstaat für die Zuweisung von Dienst­leis­tungen von allgemeinem wirtschaft­lichem Interesse im Bereich des Rundfunks nicht verpflichtet ist, eine Ausschreibung durchzuführen, zumindest dann nicht, wenn er, wie hier, diese öffentlich-rechtliche Dienstleistung selbst mit Hilfe einer staatlichen Gesellschaft erbringen will. Anschließend untersucht das Gericht die von der Kommission in Bezug auf die Ausnahme nach Art. 86 Abs. 2 EG von dem Verbot staatlicher Beihilfen durchgeführte Prüfung. Es führt aus, dass die Mitgliedstaaten befugt sind, Dienst­leis­tungen von allgemeinem wirtschaft­lichem Interesse im Bereich des Rundfunks so zu definieren, dass diese ein breit gefächertes Programmangebot umfassen, wobei dem Erbringer der Dienst­leis­tungen von allgemeinem wirtschaft­lichem Interesse die Ausübung kommerzieller Tätigkeiten wie der Verkauf von Werbeblöcken gestattet ist.

Hinsichtlich der Kontrolle der Erfüllung der der RTP obliegenden gemein­wirt­schaft­lichen Aufgabe weist das Gericht darauf hin, dass allein der Mitgliedstaat dafür zuständig ist, die Einhaltung der in dem gemein­wirt­schaft­lichen Auftrag festgelegten Quali­täts­s­tandards durch die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt zu beurteilen. Die Kommission muss sich grundsätzlich darauf beschränken, festzustellen, ob es auf nationaler Ebene einen unabhängigen Kontroll­me­cha­nismus gibt. Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, dass die Kommission auf das Bestehen eines solchen Mechanismus hingewiesen hat.

In Bezug auf die Verhält­nis­mä­ßigkeit der Zuschüsse zu den gemein­wirt­schaft­lichen Kosten kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Kommission dadurch ihre Prüfpflicht verletzt hat, dass sie Portugal nicht darum ersuchte, ihr bestimmte Prüfberichte zu übermitteln. Die Kommission darf es in Anbetracht ihrer Prüfpflicht nicht unterlassen, um die Übermittlung von Informationen zu ersuchen, die geeignet erscheinen, andere Informationen zu bestätigen oder zu widerlegen, die für die Prüfung der fraglichen Maßnahme einschlägig sind, deren Zuverlässigkeit jedoch nicht als hinreichend sicher anzusehen ist. Da die Kommission also über die tatsächlich erbrachten gemein­wirt­schaft­lichen Leistungen und die zur Erbringung dieser Leistungen tatsächlich aufgewandten Kosten keine hinreichend zuverlässigen Informationen besaß, war es ihr anschließend, so das Gericht, unmöglich, die Verhält­nis­mä­ßigkeit der Zuschüsse im Hinblick auf die gemein­wirt­schaft­lichen Kosten angemessen zu prüfen, und sie konnte daher eine Überkom­pen­sierung der gemein­wirt­schaft­lichen Kosten nicht wirksam ausschließen.

Demzufolge erklärt das Gericht auch den Teil der Entscheidung der Kommission für nichtig, in dem festgestellt wird, dass bestimmte punktuelle Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare staatliche Beihilfen seien.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 42/08 des EuGH vom 26.06.2008

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil6280

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI