18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen ein Flugzeug am Himmel.

Dokument-Nr. 9901

Drucken
Urteil06.07.2010Gerichtshof der Europäischen UnionT-342/07 und T-411/07
ergänzende Informationen

Gerichtshof der Europäischen Union Urteil06.07.2010

EuGH: Kein Erwerb von Aer Lingus durch RyanairZusammenschluss würde markt­be­herr­schenden Stellung führen und wirksamen Wettbewerb verhindern

Das Verbot des Erwerbs von Aer Lingus durch Ryanair ist gültig. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und bestätigte zudem die Weigerung der Kommission, Ryanair aufzuerlegen, sich von ihrer Minder­heits­be­tei­ligung an Aer Lingus zu trennen.

Nach der Privatisierung von Aer Lingus durch die irische Regierung im Jahr 2006 erwarb Ryanair eine Beteiligung von 19,16 % am Kapital dieser Gesellschaft. Am 23. Oktober 2006 gab Ryanair ein öffentliches Übernah­me­angebot über das gesamte Kapital von Aer Lingus ab und meldete den geplanten Erwerb eine Woche später gemäß der Fusions­kon­troll­ver­ordnung bei der Kommission an. Während der Laufzeit des öffentlichen Übernah­me­an­gebots erwarb Ryanair weitere Aktien und hielt am 26. November 2006 25,17 % am Kapital von Aer Lingus.

Kommission erklärt Vorhaben des Erwerbs von Aer Lingus durch Ryanair für nicht vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt

Am 27. Juni 2007 erließ die Kommission eine Entscheidung, mit der das Vorhaben des Erwerbs von Aer Lingus durch Ryanair für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt wurde. Ryanair erhob gegen diese Entscheidung Klage beim Gericht (Rechtssache T-342/07). Nach der Entscheidung der Kommission erwarb Ryanair weitere Aktien, wodurch ihre Beteiligung am Kapital von Aer Lingus auf 29,3 % stieg.

Kommission hält sich nicht für befugt, Ryanair eine Aufgabe der Beteiligung an Aer Lingus aufzuerlegen

Sowohl während des Verfahrens, das zu der Verbot­s­ent­scheidung führte, als auch nach dem Erlass dieser Entscheidung ersuchte Aer Lingus die Kommission, Ryanair aufzugeben, sich von allen von ihr an Aer Lingus gehaltenen Aktien zu trennen. Die Kommission lehnte dies mit Entscheidung vom 11. Oktober 2007 ab und wies darauf hin, dass sie im Rahmen der Fusions­kon­troll­ver­ordnung nicht dazu befugt sei, Ryanair aufzugeben, sich von ihrer Beteiligung zu trennen, obwohl der geplante Erwerb nicht durchgeführt worden sei und Ryanair nur eine Minder­heits­be­tei­ligung halte, die ihr weder de jure noch de facto die Ausübung einer Kontrolle über Aer Lingus ermögliche. Aer Lingus erhob gegen diese Entscheidung Klage beim Gericht (Rechtssache T-411/07). Mit Beschluss vom 18. März 2008 wies der Präsident des Gerichts den parallel dazu gestellten Antrag von Aer Lingus auf Erlass einstweiliger Anordnungen ab, mit denen Ryanair an der Ausübung ihrer Stimmrechte gehindert werden sollte.

Mit seinen Urteilen bestätigt der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die beiden Entscheidungen der Kommission.

Durchführung des Zusam­men­schlusses mit Gemeinsamen Markt unvereinbar

In Bezug auf die Verbot­s­ent­scheidung stellt das Gericht fest, dass sich mit keinem der von Ryanair vorgetragenen Argumente die von der Kommission in dieser Entscheidung getroffenen Feststellungen in Frage stellen lassen, wonach ein wirksamer Wettbewerb durch die Durchführung des Zusam­men­schlusses infolge der Begründung einer beherrschenden Stellung auf mehreren Märkten ab oder nach Dublin, Cork und Shannon erheblich behindert würde. Die entsprechenden beherrschenden Stellungen wären Monopol­stel­lungen oder sehr bedeutende Stellungen und reichen als solche aus, um die Schluss­fol­gerung der Kommission zu bestätigen, dass die Durchführung des Zusam­men­schlusses für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden muss.

Keine Argument seitens Ryanair, die zur Beseitigung einer Behinderung des Wettbewerbs führen könnten

Außerdem hat Ryanair keine Argumente vorgetragen, mit denen sich die Bewertung der Kommission in Frage stellen ließe, wonach die sich aus dem Zusammenschluss ergebenden Behinderungen für den Wettbewerb mit den im Verwal­tungs­ver­fahren – teilweise sehr spät – angebotenen Verpflichtungen nicht in tragfähiger und dauerhafter Weise beseitigt werden könnten.

Erwerb einer Beteiligung verleiht Ryanair als solche keine Kontrolle über Gesellschaft

In Bezug auf die Entscheidung, mit der es abgelehnt wurde, Ryanair aufzuerlegen, sich von ihrer Beteiligung zu trennen, stellt das Gericht fest, dass der Erwerb einer Beteiligung, die als solche keine Kontrolle über eine Gesellschaft verleiht – also die Möglichkeit, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit des entsprechenden Unternehmens auszuüben – keinen bewirkten Zusammenschluss im Sinne der Fusions­kon­troll­ver­ordnung darstellt, der von dieser Verordnung erfasst würde. In Ermangelung der Übernahme einer tatsächlichen Kontrolle über Aer Lingus durch Ryanair kann deren Beteiligung keinem bereits bewirkten Zusammenschluss gleichgestellt werden, der die Kommission zum Handeln berechtigte. Unter diesen Umständen kommt das Gericht zu dem Schluss, dass die Kommission ihre Entscheidung, Ryanair nicht aufzugeben, sich von ihrer Beteiligung an Aer Lingus zu trennen, rechtlich hinreichend begründet hat.

Quelle: ra-online, EuGH

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil9901

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI