23.11.2024
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Dokument-Nr. 27374

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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil07.05.2019

Mönch darf Eintragung als Rechtsanwalt nicht untersagt werdenVerbot zur Eintragung eines Mönchs in Rechts­an­walts­kammer verstößt gegen Unionsrecht

Die griechische Regelung, die es einem Mönch, der in einem anderen Mitgliedstaat Rechtsanwalt ist, aufgrund der Unvereinbarkeit zwischen seiner Eigenschaft als Mönch und dem Rechts­an­waltsberuf verbietet, sich bei der Rechts­an­walts­kammer eintragen zu lassen, verstößt gegen das Unionsrecht. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 12.Juni 2015 beantragte Monachos Eirinaios (Bruder Ireneos), ein Mönch im Kloster Petra in Karditsa (Griechenland), beim Dikigorikos Syllogos Athinon (Rechts­an­walts­kammer Athen, Griechenland, DSA) als Rechtsanwalt, der diese Berufs­qua­li­fi­kation in einem anderen Mitgliedstaat, nämlich in Zypern, erworben hatte, in das besondere Verzeichnis der Rechtsanwaltskammer Athen eingetragen zu werden. Der DSA lehnte seinen Antrag auf der Grundlage der nationalen Vorschriften über die Unvereinbarkeit der Ausübung des Rechts­an­walts­berufs mit der Eigenschaft als Mönch ab, da diese Vorschriften auch auf Rechtsanwälte Anwendung fänden, die unter ihrer ursprünglichen Berufs­be­zeichnung in Griechenland tätig sein wollten. Bruder Ireneos focht diese Entscheidung beim Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat, Griechenland) an.

Nationales Gericht erbittet Entscheidung des EuGH zur Vereinbarkeit der nationalen Regelung mit Unionsrecht

Vor diesem Hintergrund hat der Symvoulio tis Epikrateias den Gerichtshof gefragt, ob das Verbot, einen Mönch der Kirche von Griechenland als Rechtsanwalt in die Verzeichnisse der zuständigen Stelle eines anderen Mitgliedstaats als desjenigen, in dem er seine Berufs­qua­li­fi­kation erworben hat, einzutragen, um dort den Rechts­an­waltsberuf unter der ursprünglichen Berufs­be­zeichnung auszuüben, mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

Richtlinie soll Mechanismus der gegenseitigen Anerkennung der Berufs­be­zeich­nungen zuwandernder Rechtsanwälte schaffen

Der Gerichtshof der Europäischen Union legte die Richtlinie 98/5/EG* aus, die die ständige Ausübung des Rechts­an­walts­berufs als Selbständiger oder abhängig Beschäftigter in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Berufs­qua­li­fi­kation erworben wurde, erleichtern soll. Der Gerichtshof wies darauf hin, dass die Richtlinie einen Mechanismus der gegenseitigen Anerkennung der Berufs­be­zeich­nungen der zuwandernden Rechtsanwälte, die unter der im Herkunftsstaat erworbenen Berufs­be­zeichnung arbeiten wollen, schafft, indem sie eine vollständige Harmonisierung der Voraussetzungen für die Ausübung des mit dieser Richtlinie verliehenen Nieder­las­sungs­rechts vornimmt.

Nationaler Gesetzgeber darf keine zusätzlich erforderlichen Voraussetzungen verlangen

So entschied der Gerichtshof bereits, dass sich die Vorlage einer Bescheinigung über die Eintragung bei der zuständigen Stelle des Herkunftsstaats gegenüber der zuständigen Stelle des Aufnahmestaats als die einzige Voraussetzung für die Eintragung des Betreffenden im Aufnahmestaat erweist, die es ihm ermöglicht, in diesem Mitgliedstaat unter seiner ursprünglichen Berufs­be­zeichnung tätig zusein. Der nationale Gesetzgeber darf zu den für die Eintragung bei der zuständigen Stelle des Aufnahmestaats erforderlichen Voraussetzungen keine zusätzlichen Voraussetzungen hinzufügen. Es ist nämlich zum einen zwischen der Eintragung bei der zuständigen Stelle dieses Staates, die nur der Voraussetzung der Vorlage einer Bescheinigung über die Eintragung bei der zuständigen Stelle des Herkunftsstaats unterliegt, und zum anderen zwischen der Ausübung des Rechts­an­walts­berufs selbst im Aufnahmestaat zu unterscheiden, bei der dieser Rechtsanwalt den in diesem Mitgliedstaat geltenden Berufs- und Standesregeln unterliegt.

Im Aufnahmestaat geltende Berufs- und Standesregeln müssen Verhält­nis­mä­ßig­keits­grundsatz beachten

Die Berufs- und Standesregeln sind anders als diejenigen über die Eintra­gungs­vor­aus­set­zungen nicht Gegenstand einer Harmonisierung, und daher können sich die Regeln des Herkunftsstaats erheblich von denjenigen des Aufnah­me­staats­un­ter­scheiden. In diesem Zusammenhang weist der Gerichts­hof­darauf hin, dass es dem nationalen Gesetzgeber freisteht, solche Garantien vorzusehen, soweit die zu diesem Zweck festgelegten Regeln nicht über das zur Erreichung des angestrebten Ziels Erforderliche hinausgehen. Die im Aufnahmestaat geltenden Berufs- und Standesregeln müssen jedoch, um unions­rechts­konform zu sein, u.a. den Verhält­nis­mä­ßig­keits­grundsatz beachten, was bedeutet, dass sie nicht über das zur Erreichung des verfolgten Ziels Erforderliche hinausgehen dürfen. Es ist Sache des Symvoulio tis Epikrateias, die erforderlichen Überprüfungen in Bezug auf die im Ausgangs­ver­fahren in Rede stehende Unver­ein­ba­r­keitsregel vorzunehmen.

Richtlinie steht Verbot zur Eintragung eines Mönchs als Rechtsanwalt entgegen

Der Gerichtshof kommt zu dem Ergebnis, dass die Richtlinie einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach es einem Mönch, der Rechtsanwalt ist und bei der zuständigen Stelle des Herkunftsstaats eingetragen ist, verboten ist, sich bei der zuständigen Stelle des Aufnahmestaats eintragen zu lassen, um dort seinen Beruf unter der ursprünglichen Berufs­be­zeichnung auszuüben.

Erläuterungen

* Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechts­an­walts­berufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde (ABl. 1998, L 77, S. 36).

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online (pm/kg)

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