18.10.2024
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Dokument-Nr. 9292

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Urteil25.02.2010Gerichtshof der Europäischen UnionC-386/08
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil25.02.2010

EuGH zur Zollprä­fe­renz­re­gelung: Besetzte Gebiete im Westjordanland sind nicht Teil Israels"Soda-Club"-Produkte dürfen nicht zollfrei in die EU eingeführt werden

Erzeugnisse mit Ursprung im Westjordanland fallen nicht unter die Zollprä­fe­renz­re­gelung des Abkommens EG-Israel, das heißt, sie dürfen nicht zollfrei in die EU eingeführt werden. Die Unions­zoll­be­hörden sind an die Bestätigung der israelischen Behörden, dass die in den besetzten Gebieten erzeugten Waren unter die Präfe­renz­be­handlung fallen, die israelischen Waren gewährt wird, nicht gebunden. Dies geht aus einer Entscheidung des Gerichtshofs der europäischen Gemeinschaften hervor.

Die Europäische Gemeinschaft hat nacheinander zwei Europa-Mittelmeer-Assoziierungs- abkommen geschlossen, das erste mit Israel (Abkommen EG-Israel) und das zweite mit der Paläs­ti­nen­sischen Befrei­ungs­or­ga­ni­sation (Abkommen EG-PLO) zugunsten der Paläs­ti­nen­sischen Behörde für das Westjordanland und den Gaza-Streifen. Diese Abkommen sehen vor, dass gewerbliche Erzeugnisse mit Ursprung in Israel und den paläs­ti­nen­sischen Gebieten frei von Zöllen in die Europäische Union eingeführt werden können und dass die zuständigen Behörden der Parteien zusam­me­n­a­r­beiten, um den genauen Ursprung der Erzeugnisse festzustellen, denen die Präfe­renz­re­gelung gewährt wird.

Brita, eine deutsche Gesellschaft, führt Sprudel­was­ser­be­reiter sowie Zubehör und Getränkesirupe ein, die von einem israelischen Lieferanten, Soda-Club, erzeugt werden, dessen Produk­ti­o­ns­stätte in Mishor Adumin im Westjordanland, östlich von Jerusalem, liegt.

Sachverhalt

Brita wollte von Soda-Club erzeugte Waren nach Deutschland einführen. Sie teilte den deutschen Zollbehörden mit, dass die Waren ihren Ursprung in Israel hätten, und ersuchte um Gewährung der Zollpräferenz nach dem Abkommen EG-Israel. Die deutschen Zollbehörden hatten den Verdacht, dass die Erzeugnisse aus den besetzten Gebieten stammten, und ersuchten die israelischen Zollbehörden, zu bestätigen, dass die Erzeugnisse nicht in diesen Gebieten hergestellt wurden.

Deutschen Behörden lehnen Gewährung der Zollpräferenz ab

Die israelischen Behörden bestätigten, dass die betreffenden Waren aus einer Zone stammten, die unter ihre Zollzu­stän­digkeit fiele, sie beantworteten jedoch nicht die Frage, ob die Waren in den besetzten Gebieten hergestellt wurden. Daher lehnten es die deutschen Behörden schließlich ab, Brita die Zollpräferenz zu gewähren, weil nicht zweifelsfrei habe festgestellt werden können, dass die eingeführten Waren in den Anwen­dungs­bereich des Abkommens EG-Israel fielen.

FG Hamburg legt EuGH Frage zur Präfe­renz­re­gelung nach dem Abkommen EG-Israel vor

Brita erhob eine Klage gegen diese Entscheidung, und das Finanzgericht Hamburg legte dem Gerichtshof die Frage vor, ob Waren, die in den besetzten paläs­ti­nen­sischen Gebieten hergestellt wurden und deren israelischer Ursprung von den israelischen Behörden bestätigt wurde, die Präfe­renz­re­gelung nach dem Abkommen EG-Israel gewährt werden kann.

Assozi­ie­rungs­ab­kommen haben jeweils eigenen räumlichen Geltungsbereich

In seinem Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass jedes dieser beiden Assozi­ie­rungs­ab­kommen einen eigenen räumlichen Geltungsbereich hat: Das Abkommen EG-Israel gilt für das Gebiet des Staates Israel, während das Abkommen EG-PLO für das Gebiet des Westjordanlands und des Gaza-Streifens gilt.

Paläs­ti­nen­sische Behörden müssen nicht auf Ausübung ihrer Befugnisse aus EG-PLO Abkommen verzichten

Das Völkerrecht untersagt es, einem Dritten, wie der Paläs­ti­nen­sischen Behörde für das Westjordanland und den Gaza-Streifen, ohne seine Zustimmung eine Verpflichtung aufzuerlegen. Das Abkommen EG-Israel kann demnach nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass die übertragen wurden und die insbesondere die Ausstellung der Zolldokumente zum Nachweis des Ursprungs der im Westjordanland und im Gaza-Streifen hergestellten Waren betreffen.

Erzeugnisse des Westjordanlands nicht Teil des Geltungs­be­reichs des Abkommens EG-Israel

Die Erzeugnisse mit Ursprung im Westjordanland fallen nicht in den räumlichen Geltungsbereich des Abkommens EG-Israel und folglich nicht unter die durch dieses Abkommen eingeführte Präfe­renz­re­gelung. Folglich konnten die deutschen Zollbehörden den betreffenden Waren die Gewährung der Präfe­renz­be­handlung nach diesem Abkommen verweigern, weil die Waren aus dem Westjordanland stammten.

Präfe­renz­be­handlung nach Abkommen EG-Israel gilt nur für Waren die in Israel hergestellt wurden

Der Gerichtshof weist auch die Ansicht zurück, dass die Präfe­renz­re­gelung den israelischen Erzeugern, die in den besetzten Gebieten niedergelassen sind, jedenfalls gewährt werden müsse, sei es auf der Grundlage des Abkommens EG-Israel, sei es auf der des Abkommens EG-PLO. Waren, deren israelischer Ursprung von den israelischen Behörden bescheinigt wurde, kann die Präfe­renz­be­handlung nach dem Abkommen EG-Israel nur unter der Voraussetzung gewährt werden, dass sie in Israel hergestellt wurden.

Was die Bestätigung der israelischen Behörden betrifft, dass die streitigen Waren aus Israel stammen, weist der Gerichtshof darauf hin, dass der Ursprung der Waren von den Behörden des Ausfuhrstaats bestimmt wird. Diese sind nämlich am besten in der Lage, die Tatsachen, von denen der Ursprung abhängt, unmittelbar festzustellen.

Prüfung bezog sich auf den Herstellungsort der eingeführten Erzeugnisse

Demzufolge sind die Zollbehörden des Einfuhrstaats im Fall einer nachträglichen Prüfung durch die Zollbehörden des Ausfuhrstaats grundsätzlich an deren Ergebnisse gebunden. Im vorliegenden Fall betraf die nachträgliche Prüfung nicht die Frage, ob die eingeführten Erzeugnisse vollständig an einem bestimmten Ort gewonnen oder dort in ausreichendem Maße be- oder verarbeitet worden waren, um als Ursprungs­er­zeugnisse dieses Orts angesehen werden zu können. Die nachträgliche Prüfung betraf den Herstellungsort der eingeführten Erzeugnisse selbst, um zu beurteilen, ob diese Erzeugnisse in den räumlichen Geltungsbereich des Abkommens EG–Israel fallen. Die Union ist nämlich der Ansicht, dass die Erzeugnisse, die an Orten gewonnen wurden, die seit 1967 unter israelischer Verwaltung stehen, nicht unter die in dem Abkommen definierte Präfe­renz­be­handlung fallen.

Israelische Behörden nach Abkommen EG-Israel zur Auskunft verpflichtet

Trotz des ausdrücklichen Ersuchens der deutschen Behörden gaben die israelischen Behörden keine Antwort auf die Frage, ob die Erzeugnisse in den israelischen Siedlungen auf paläs­ti­nen­sischem Gebiet hergestellt worden waren. Der Gerichtshof weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die israelischen Behörden nach dem Abkommen EG-Israel verpflichtet sind, ausreichende Angaben zu machen, damit der tatsächliche Ursprung der Waren festgestellt werden kann.

Bei mangelnder Auskunft ist Einfuhr­mit­glied­staats nicht an Präfe­renz­be­handlung gebunden

Da die israelischen Behörden diese Verpflichtung verletzt haben, sind die Zollbehörden des Einfuhr­mit­glied­staats an die Bestätigung dieser Behörden, dass die betreffenden Waren unter die israelischen Waren vorbehaltene Präfe­renz­be­handlung fallen, nicht gebunden.

Quelle: ra-online, EuGH

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