21.11.2024
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Dokument-Nr. 4129

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Urteil19.04.2007Gerichtshof der Europäischen UnionC-381/05
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil19.04.2007

EuGH erweitert Möglichkeiten für vergleichende WerbungVergleich von Waren mit und ohne Ursprungs­be­zeichnung in der Werbung ist zulässig

Vergleichende Werbung zwischen Produkten ohne Ursprungs­be­zeichnung und Produkten mit Ursprungs­be­zeichnung ist in bestimmten Fällen zulässig. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden.

Vergleichende Werbung kann auch dann vorliegen, wenn in einer Werbeaussage nur auf eine Warengattung und nicht auf ein bestimmtes Unternehmen oder Produkt Bezug genommen wird Nach der Richtlinie 84/450/EWG über irreführende und vergleichende Werbung ist vergleichende Werbung unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Dabei ist vergleichende Werbung definiert als „jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die Erzeugnisse oder Dienst­leis­tungen, die von einem Mitbewerber angeboten werden, erkennbar macht“.

Das belgische Unternehmen De Landtsheer SA produziert und vertreibt verschiedene Biersorten unter der Marke „Malheur“. Im Jahr 2001 führte sie auf dem Markt ein Bier mit der Bezeichnung „Malheur Brut Réserve“ ein, dessen Braumethode durch die Herstel­lungsweise von Schaumwein inspiriert war.

Dabei verwendete das Unternehmen u. a. die Angaben „BRUT RÉSERVE“, „La première bière BRUT au monde“ („Das erste Bier ‚Brut‘ der Welt“) und „Bière blonde à la méthode traditionnelle“ („Helles Bier, gebraut nach der traditionellen Methode“) und einen Hinweis auf die Winzer von Reims und Épernay. Mit dem Ausdruck „Champagnebier“ wollte De Landtsheer zum Ausdruck bringen, dass es sich um ein nach der „Méthode champenoise“ gebrautes Bier handele. De Landtsheer pries in ihrer Werbung vor allem die Originalität des neuen Bieres „Malheur“ unter Bezugnahme auf die Eigenschaften von Schaumwein, insbesondere Champagner, an.

Am 8. Mai 2002 erhoben das Comité Inter­pro­fes­sionnel du Vin de Champagne (CIVC) und die Veuve Clicquot Ponsardin SA vor dem Tribunal de commerce de Nivelles (Belgien) gegen De Landtsheer eine Klage auf Unterlassung der weiteren Benutzung dieser Angaben, die nicht nur irreführend, sondern auch unzulässige vergleichende Werbung seien.

Mit Urteil vom 26. Juli 2002 untersagte das Tribunal de commerce es De Landtsheer, die Angabe „Méthode traditionnelle“, die Ursprungs­be­zeichnung „Champagne“, die Herkunftsangabe „Reims-France“ und die Hinweise auf die Winzer von Reims und Épernay und auf die Herstel­lungs­methode von Champagner weiterhin zu benutzen. Hinsichtlich der Bezeichnungen „BRUT“, „RÉSERVE“, „BRUT RÉSERVE“ und „La première bière BRUT au monde“ wurde die Klage des CIVC und der Veuve Clicquot abgewiesen.

De Landtsheer verzichtete daraufhin auf die weitere Benutzung der Ursprungs­be­zeichnung „Champagne“ in dem Wort „Champagnebier“, legte aber im Übrigen gegen das Urteil Berufung ein. Der CIVC und Veuve Clicquot erhoben hinsichtlich der Bezeichnungen „BRUT“, „RÉSERVE“, „BRUT RÉSERVE“ und „La première bière BRUT au monde“ ihrerseits Berufung gegen das Urteil.

In dem Berufungs­ver­fahren legte die Cour d’appel de Bruxelles dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften verschiedene Fragen zur Vorab­ent­scheidung vor. Das vorlegende Gericht wollte insbesondere wissen, ob die Richtlinie 84/450/EWG dahin auszulegen ist, dass vergleichende Werbung auch dann vorliegt, wenn in einer Werbeaussage nur auf eine Warengattung, nicht aber auf ein bestimmtes Unternehmen oder Produkt Bezug genommen wird.

Der Gerichtshof hat diese Frage bejaht: Eine solche Bezugnahme kann vergleichende Werbung sein, wenn ein Unternehmen oder die von ihm angebotenen Produkte als diejenigen erkennbar werden, auf die die Werbeaussage konkret Bezug nimmt. Dabei ist es für die Beurteilung der Frage, ob die Werbung vergleichenden Charakter hat, ohne Bedeutung, wenn mehrere Mitbewerber des Werbenden oder die von ihnen angebotenen Waren oder Dienst­leis­tungen als diejenigen erkennbar werden, auf die die Werbeaussage konkret Bezug nimmt.

Das vorlegende Gericht wollte weiterhin wissen, ob die Richtlinie ferner dahin auszulegen ist, dass jeder Vergleich von Waren ohne Ursprungs­be­zeichnung mit Waren mit Ursprungs­be­zeichnung unzulässig ist. Die Richtlinie enthält nämlich für vergleichende Werbung eine Zuläs­sig­keits­vor­aus­setzung, wonach sich die Werbung für Produkte mit Ursprungs­be­zeichnung stets auf Produkte mit der gleichen Ursprungs­be­zeichnung beziehen muss.

Der Gerichtshof hat insoweit daran erinnert, dass nach ständiger Rechtsprechung die an vergleichende Werbung gestellten Anforderungen so günstig wie möglich für diese Werbung auszulegen sind. Er hat weiter darauf verwiesen, dass nach einer anderen Bestimmung der Richtlinie vergleichende Werbung ausdrücklich nur dann zulässig ist, wenn sie den Ruf einer Marke, eines Handelsnamens oder anderer Unter­schei­dungs­zeichen eines Mitbewerbers oder der Ursprungs­be­zeichnung von Konkur­ren­z­er­zeug­nissen nicht in unlauterer Weise ausnutzt. Die praktische Wirksamkeit dieser in der Richtlinie festgelegten Anforderung würde aber teilweise vereitelt, wenn von vornherein Produkte ohne Ursprungs­be­zeichnung niemals mit Produkten mit Ursprungs­be­zeichnung verglichen werden dürften.

Sind alle sonstigen Zuläs­sig­keits­vor­aus­set­zungen für vergleichende Werbung eingehalten, erschiene darum ein Schutz von Ursprungs­be­zeich­nungen, der sich im Sinne eines absoluten Verbots von Vergleichen zwischen Waren ohne Ursprungs­be­zeichnung und Waren mit Ursprungs­be­zeichnung auswirkte, nicht gerechtfertigt und fände in der Richtlinie keine berechtigte Grundlage. Der Gerichtshof ist daher zu dem Ergebnis gekommen, dass nicht jeder Vergleich, der sich für Waren ohne Ursprungs­be­zeichnung auf Waren mit Ursprungs­be­zeichnung bezieht, unzulässig ist.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des EuGH vom 19.04.2007

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