21.11.2024
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Dokument-Nr. 3496

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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil12.12.2006

Klage gegen europäisches Tabak­wer­be­verbot abgewiesenDeutschland scheitert vor dem Europäischen Gerichtshof

Das Werbeverbot und das Sponso­ring­verbot für Tabakwaren erfüllen laut Europäischem Gerichtshof die Voraussetzungen, unter denen sie als Maßnahmen im Hinblick auf die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes erlassen werden konnten.

Deutschland hat beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Klage auf Nichti­g­er­klärung zweier Artikel der Richtlinie über Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabak­er­zeug­nissen in anderen Medien als dem Fernsehen erhoben. Diese Artikel verbieten die Werbung für Tabak­er­zeugnisse in der Presse und anderen gedruckten Veröf­fent­li­chungen, in Diensten der Infor­ma­ti­o­ns­ge­sell­schaft und in Rundfunk­pro­grammen sowie das Sponsoring von Rundfunk­pro­grammen durch Tabakun­ter­nehmen. Von dem Verbot ausgenommen sind nur Veröf­fent­li­chungen, die für im Tabakhandel tätige Personen bestimmt sind, und Veröf­fent­li­chungen aus Drittländern, die nicht hauptsächlich für den Gemein­schaftsmarkt bestimmt sind.

Deutschland stützt seine Klage insbesondere darauf, dass diese Verbote nicht auf der Grundlage von Artikel 95 EG-Vertrag hätten erlassen werden konnen. Nach dieser Bestimmung ist die Gemeinschaft zum Erlass von Maßnahmen zur Angleichung nationaler Vorschriften ermächtigt, die die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand haben. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen fur die Heranziehung dieses Artikels nicht erfüllt sind. Keines der Verbote trage zur Beseitigung von Hemmnissen für den freien Warenverkehr oder zur Beseitigung spürbarer Wettbe­wer­bs­ver­zer­rungen bei.

Der Gerichtshof stellt fest, dass die Voraussetzungen für die Wahl von Artikel 95 EG-Vertrag als Rechtsgrundlage tatsachlich erfüllt waren.

Er weist darauf hin, dass beim Erlass der Richtlinie Unterschiede zwischen den nationalen Regelungen über Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabak­er­zeug­nissen bestanden, die ein Tätigwerden des Gemein­schafts­ge­setz­gebers rechtfertigten. Diese Unterschiede waren geeignet, den freien Warenverkehr und den freien Dienst­leis­tungs­verkehr zu behindern. Sie führten auch zu einer beträchtlichen Gefahr von Wettbe­wer­bs­ver­zer­rungen.

Außerdem haben die angefochtenen Artikel der Richtlinie tatsächlich zum Ziel, die Bedingungen für das Funktionieren des Binnenmarktes zu verbessern.

Der Gerichtshof stellt fest, dass der Ausdruck "gedruckte Veröf­fent­li­chungen" nur Veröf­fent­li­chungen wie Zeitungen, Zeitschriften und Magazine erfasst. Mittei­lungs­blätter lokaler Vereine, Programmhefte kultureller Veranstaltungen, Plakate, Telefonbücher sowie Hand- und Werbezettel sind demnach ausgenommen.

Da die Voraussetzungen für die Heranziehung von Artikel 95 EG-Vertrag erfüllt sind, kann die Wahl dieser Rechtsgrundlage nicht deshalb beanstandet werden, weil sich der Gemein­schafts­ge­setzgeber bei den Entscheidungen, die er beim Erlass der Richtlinie getroffen hat, möglicherweise auch vom Gesund­heits­schutz hat leiten lassen. Der Gerichtshof erinnert insoweit daran, dass die Gemeinschaft nach dem EG-Vertrag verpflichtet ist, ein hohes Gesund­heits­schutz­niveau zu gewährleisten. Der ausdrückliche Ausschluss jeder Harmonisierung der in diesem Bereich bestehenden Vorschriften der Mitgliedstaaten bedeutet nicht, dass eine auf einer anderen Grundlage erlassene Harmo­ni­sie­rungs­maßnahme keine Auswirkungen auf den Schutz der menschlichen Gesundheit haben dürfte.

Der Gerichtshof weist auch das Argument zurück, dass die angefochtenen Verbote unver­hält­nismäßig seien.

Insoweit stellt er insbesondere fest, dass der Gemein­schafts­ge­setzgeber lokale oder regionale Veröf­fent­li­chungen nicht ausnehmen konnte, ohne dass das Werbeverbot dadurch einen ungewissen und zufall­s­ab­hangigen Anwen­dungs­bereich erhalten hätte. Zum geltend gemachten Eingriff in das Grundrecht der Presse- und Meinungs­freiheit führt der Gerichtshof aus, dass die Verbote die Freiheit der journa­lis­tischen Meinung­s­äu­ßerung unberührt lassen und nicht die Grenzen des dem Gemein­schafts­ge­setzgeber eingeräumten Ermessens uberschreiten.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 100/06 des EuGH vom 12.12.2006

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