21.11.2024
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Dokument-Nr. 3074

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Urteil19.09.2006Gerichtshof der Europäischen UnionC-356/04
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil19.09.2006

Vergleichende Werbung darf sich auf gesamte Sortimente von Waren beziehenVergleichende Werbung muss allerdings überprüfbar sein - Supermarktkette Lidl unterliegt im Preisvergleich-Streit

Die Firmen Lidl und Colruyt betreiben in Belgien jeweils eine Supermarktkette, deren Tätigkeit im Wesentlichen im Einzelhandel mit Waren des täglichen Bedarfs besteht. Lidl erhob Klage bei der Rechtbank van Koophandel Brüssel, um die Beendigung verschiedener Werbepraktiken von Colruyt zu erwirken. Dieses Gericht hat dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mehrere Fragen nach der Auslegung der europäischen Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung zur Vorab­ent­scheidung vorgelegt.

Zwei Formen vergleichender Werbung stehen im Ausgangs­ver­fahren in Rede.

Im ersten Fall vergleicht Colruyt das allgemeine Niveau der von ihr und ihren Mitbewerbern hinsichtlich ihrer Sortimente vergleichbarer Waren angewandten Preise und leitet daraus ab, wie viel ein Verbraucher einsparen kann. Dieses allgemeine Preisniveau wird monatlich und dann jährlich auf der Grundlage einer täglichen Aufstellung der einzelnen Preise einer sehr breiten Auswahl teils identischer (Markenprodukte), teils ähnlicher (Produkte ohne Marke oder solche, die mit einer Hausmarke des Händlers versehen sind) Waren des täglichen Bedarfs ermittelt.

Die zweite Form der Werbung geht von der Behauptung aus, dass alle Waren von Colruyt, die mit einem roten Etikett mit der Aufschrift "BASIC" versehen sind, von dieser Firma zu dem niedrigsten Preis vertrieben werden, der in Belgien angeboten wird.

Dieses Warensortiment umfasst zum einen Markenprodukte und zum anderen Produkte, die ohne Marke oder unter der Hausmarke von Colruyt verkauft werden. Der Gerichtshof erinnert zunächst daran, dass, da vergleichende Werbung dazu beiträgt, die Vorteile der verschiedenen vergleichbaren Erzeugnisse objektiv herauszustellen und so den Wettbewerb zwischen den Anbietern von Waren und Dienst­leis­tungen im Interesse der Verbraucher zu fördern, nach ständiger Rechtsprechung die an die vergleichende Werbung gestellten Anforderungen in dem für diese Werbung günstigsten Sinn ausgelegt werden müssen.

Nach Auffassung des Gerichtshofes verwehrt es die Richtlinie grundsätzlich nicht, dass sich eine vergleichende Werbung auf von zwei konkurrierenden Super­ma­rkt­ketten verkaufte Sortimente von Waren des täglichen Bedarfs in ihrer Gesamtheit bezieht, soweit diese Sortimente beiderseits aus einzelnen Produkten bestehen, die paarweise betrachtet jeweils dem Erfordernis der Vergleich­barkeit genügen. Zwar impliziert die Richtlinie in einem solchen Fall nicht, dass die verglichenen Produkte und Preise, also die des Werbenden und die aller seiner in den Vergleich einbezogenen Mitbewerber, Gegenstand einer ausdrücklichen und umfassenden Nennung in der Werbeaussage sein müssen; sie verlangt jedoch, dass der Werbende angibt, wo und wie die Adressaten dieser Aussage die Bestandteile des Vergleichs leicht in Erfahrung bringen können, um die Richtigkeit der Aussage nachzuprüfen oder nachprüfen zu lassen. Der Gerichtshof befindet außerdem, dass eine vergleichende Werbung, die das niedrigere allgemeine Preisniveau des Werbenden gegenüber dem von dessen Haupt­mit­be­werbern hervorhebt, obwohl sich der Vergleich auf eine Musterauswahl von Produkten bezogen hat, irreführend sein kann, wenn die Werbeaussage

   - nicht deutlich macht, dass sich der Vergleich nur auf eine solche Auswahl und nicht auf alle Produkte des Werbenden bezogen hat,

   - nicht die Bestandteile des vorgenommenen Vergleichs erkennbar macht oder dem Adressaten keine Infor­ma­ti­o­ns­quelle nennt, über die eine solche Erkennbarkeit hergestellt werden kann, oder

   - einen umfassenden Hinweis auf eine Ersparnisspanne enthält, die der Verbraucher, der seine Einkäufe beim Werbenden und nicht bei dessen Mitbewerbern tätigt, erzielen kann, ohne dass das allgemeine Niveau der Preise, die diese Mitbewerber jeweils anwenden, und die Höhe der Ersparnis, die durch das Einkaufen beim Werbenden und nicht bei dessen Mitbewerbern erzielt werden kann, indivi­du­a­lisiert werden.

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die im Ausgangs­ver­fahren in Rede stehenden Werbeaussagen derartige Merkmale aufweisen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 75/06 des EuGH vom 19.09.2006

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