21.11.2024
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Dokument-Nr. 34107

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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil18.06.2024

In Italien anerkannter Flüchtling darf nicht an Herkunftsland ausgeliefert werdenFlücht­lings­status ist zunächst bindend und die Mitgliedstaaten müssen miteinander kooperieren

Der EuGH stellt klar, dass ein Drittstaats­angehöriger nicht an sein Herkunftsland ausgeliefert werden darf, wenn ihm von einem Mitgliedstaat die Flüchtlings­eigenschaft zuerkannt wurde. Die mit dem Auslieferungs­ersuchen befasste Behörde muss mit der Behörde, die die Flüchtlings­eigenschaft zuerkannt hat, Kontakt aufnehmen. Solange diese Behörde die Flüchtlings­eigenschaft nicht aberkannt hat, darf der Betroffene nicht ausgeliefert werden.

Die Türkei hat Deutschland um die Auslieferung eines türkischen Staats­an­ge­hörigen kurdischer Herkunft ersucht, der des Totschlags verdächtig ist. Dem deutschen Gericht, das über dieses Ersuchen zu entscheiden hat, stellt sich die Frage, ob der Auslieferung die Tatsache entgegensteht, dass der Betroffene im Jahr 2010 in Italien als Flüchtling anerkannt wurde, weil ihm wegen seiner Unterstützung der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) politische Verfolgung durch die türkischen Behörden drohte. Da diese Frage das Gemeinsame Europäische Asylsystem sowie die Charta der Grundrechte der Europäischen Union betrifft, hat das deutsche Gericht hierzu den Gerichtshof befragt.

Keine Auslieferung bei bestehendem Flücht­lings­status

Der EuGH entscheidet, dass die Zuerkennung der Flücht­lings­ei­gen­schaft in Italien der Auslieferung des Betroffenen an sein Herkunftsland, aus dem er geflohen ist, entgegensteht. Solange die Behörde, die die Flücht­lings­ei­gen­schaft zuerkannt hat, diese nicht aberkannt hat, darf der Betroffene unabhängig von den Gründen, auf die das Auslie­fe­rungs­er­suchen gestützt wird, nicht ausgeliefert werden. Denn eine solche Auslieferung würde faktisch bedeuten, dass die Flücht­lings­ei­gen­schaft beendet wird. Die zuständige deutsche Behörde muss gemäß dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit mit der italienischen Behörde, die die Flücht­lings­ei­gen­schaft zuerkannt hat, Kontakt aufnehmen. Erkennt die italienische Behörde daraufhin die Flücht­lings­ei­gen­schaft ab, ist außerdem erforderlich, dass die deutsche Behörde selbst zu dem Ergebnis gelangt, dass der Betroffene die Flücht­lings­ei­gen­schaft nicht oder nicht mehr besitzt. Darüber hinaus muss sie sich vergewissern, dass im Fall der Auslieferung des Betroffenen an die Türkei für ihn dort kein ernsthaftes Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union, ra-online (pm/ab)

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