15.11.2024
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Dokument-Nr. 34539

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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil07.11.2024

Opferent­schä­digung muss grundsätzlich allen Familien­an­ge­hörigen offenstehenAutomatischer Ausschluss bestimmter Familien­an­ge­höriger des Opfers eines Tötungsdelikts nicht mit EU-Recht vereinbar

Der automatische Ausschluss bestimmter Familien­an­ge­höriger des Opfers eines Tötungsdelikts gewährleistet keine „gerechte und angemessene“ Entschädigung Es sind andere Gesichtspunkte als nur die familiären Bindungen zu berücksichtigen, wie das Ausmaß des Schadens, der den ausge­schlossenen Familien­an­ge­hörigen entstanden ist.

Im Jahr 2018 verurteilte ein italienisches Gericht einen Mann, der seine frühere Partnerin getötet hatte, zur Zahlung einer Entschädigung an die Familien­an­ge­hörigen des Opfers. Da der Täter des Tötungsdelikts zahlungsunfähig war, zahlte der italienische Staat die Entschädigung. Sie war allerdings niedriger als die ursprüngliche Entschädigung und wurde nur den Kindern des Opfers und seinem Ehepartner gewährt, von dem das Opfer seit Jahren getrennt gelebt hatte. Die Eltern, die Schwester und die Kinder des Opfers erhoben beim Gericht Venedig (Italien) Klage auf eine „gerechte und angemessene“ Entschädigung, die den ihnen durch das Tötungsdelikt entstandenen Schaden berücksichtigt. In diesem Zusammenhang fragt das italienische Gericht den Gerichtshof, ob eine nationale Regelung, die die Zahlung von Entschädigungen an bestimmte Familienangehörige eines Opfers einer vorsätzlich begangenen Gewalttat im Fall des Todes dieses Opfers nach einem Tötungsdelikt von Amts wegen ausschließt, mit der Richtlinie der Union über die Entschädigung der Opfer von Straftaten vereinbar ist.

Automatischer Ausschluss bestimmter Familien­an­ge­höriger EU-rechtswidrig

Der Gerichtshof stellt zunächst klar, dass diese Richtlinie die Mitgliedstaaten verpflichtet, eine Entschä­di­gungs­re­gelung einzuführen, die sich nicht nur auf Personen erstrecken darf, die als direkte Opfer selbst vorsätzlich begangenen Gewalttaten ausgesetzt waren, sondern auch deren nahe Familien­an­ge­hörige erfassen können muss, wenn sie als indirekte Opfer mittelbar die Folgen dieser Taten erleiden. Im Übrigen weist der Gerichtshof darauf hin, dass die betreffende Richtlinie den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auferlegt, eine Entschä­di­gungs­re­gelung für die Opfer von vorsätzlich begangenen Gewalttaten einzuführen, die eine gerechte und angemessene Entschädigung gewährleistet.

Der Beitrag muss das Leid, dem die Opfer ausgesetzt waren, in adäquatem Umfang ausgleichen, um zur Wieder­gut­machung des erlittenen materiellen und immateriellen Schadens beizutragen. Außerdem muss, wenn die betreffende nationale Regelung eine pauschale Entschädigung vorsieht, die Entschä­di­gung­s­tabelle hinreichend detailliert sein, um zu verhindern, dass sich die für eine bestimmte Art von Gewalt vorgesehene Entschädigung als offensichtlich unzureichend erweist. Der Gerichtshof entscheidet daher, dass eine nationale Regelung, die bestimmte Familien­an­ge­hörige allein wegen des Vorhandenseins anderer Familien­an­ge­höriger automatisch von jeder Entschädigung ausschließt, ohne andere Gesichtspunkte zu berücksichtigen, nicht zu einer „gerechten und angemessenen Entschädigung“ führen kann.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union, ra-online (pm/ab)

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