Um die Beschäftigungsbedingungen von Fremdsprachenlektoren ging es in vielen Rechtssachen, mit denen der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften befasst war. 1995 erließ Italien ein Gesetz zur Reform des Fremdsprachenunterrichts. Die Stellen für "Fremdsprachenlektoren" wurden abgeschafft und durch Stellen für "sprachwissenschaftliche Mitarbeiter" ersetzt. Nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gingen bei der Kommission mehrere Beschwerden ehemaliger Fremdsprachenlektoren darüber ein, dass im Rahmen des Entgelts und der Sozialversicherung das Dienstalter, das sie als Lektoren erreicht hätten, bei der Umwandlung der Stellen in solche für sprachwissenschaftliche Mitarbeiter nicht berücksichtigt worden sei. Die Kommission leitete daher ein gerichtliches Verfahren gegen Italien ein.
Am 26. Juni 2001 hat der Gerichtshof in der Rechtssache C-212/99 (Kommission/Italien) entschieden, dass Italien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Bestimmungen des EG-Vertrags über die Gewährleistung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer verstoßen hat, dass es nicht für die Anerkennung der erworbenen Rechte von ehemaligen Fremdsprachenlektoren an sechs italienischen Universitäten (La Basilicata, Mailand, Palermo, Pisa, La Sapienza in Rom und Istituto universitario orientale in Neapel) gesorgt hat, obwohl italienischen Staatsangehörigen eine solche Anerkennung zuteil wird.
Da die Kommission der Ansicht war, dass Italien dieses Urteil immer noch nicht durchgeführt habe, hat sie am 4. März 2004 in der vorliegenden Rechtssache gegen Italien Klage auf Feststellung erhoben, dass Italien dem Urteil von Juni 2001 nicht nachgekommen ist, und beantragt, gegen diesen Staat ein Zwangsgeld in Höhe von 309 750 Euro pro Tag zu verhängen, das vom Tag der Urteilsverkündung in der vorliegenden Rechtssache an bis zur Befolgung des Urteils von Juni 2001 durch Italien zu zahlen ist.
Der Gerichtshof stellt fest, dass Italien nicht alle Maßnahmen durchgeführt hat, die sich aus dem Urteil vom 26. Juni 2001 in der Rechtssache C-212/99 ergeben haben, und damit gegen seine Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag verstoßen hat, indem es bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist nicht für die Anerkennung der von den ehemaligen Fremdsprachenlektoren, die sodann als muttersprachliche sprachwissenschaftliche Mitarbeiter und Experten tätig waren, erworbenen Rechte gesorgt hat, obwohl allen inländischen Arbeitnehmern eine solche Anerkennung zuteil wurde. Da die Vertragsverletzung im Zeitpunkt seiner Prüfung des Sachverhalts nicht mehr fortbestanden hat, weist der Gerichtshof jedoch den Antrag der Kommission auf Festsetzung eines Zwangsgelds zurück.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 18.08.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 64/06 des EuGH vom 18.07.2006