21.11.2024
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Dokument-Nr. 10666

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Urteil02.12.2010Gerichtshof der Europäischen UnionC-108/09
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MMR 2011, 160Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2011, Seite: 160
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ergänzende Informationen

Gerichtshof der Europäischen Union Urteil02.12.2010

EuGH: Vertrieb von Kontaktlinsen über das Internet zulässigNationale Verbots­re­ge­lungen stellen Hindernis für freien Warenverkehr in der EU dar

Die EU-Mitgliedstaaten dürfen den Vertrieb von Kontaktlinsen über das Internet nicht verbieten. Der Schutz der Gesundheit von Verbrauchern ist auch durch weniger beein­träch­tigende Maßnahmen zu gewährleisten. Eine nationale Regelung, die ein Verbot für den Vertrieb von Kontaktlinsen über das Internet vorsieht, stellt ein Hindernis für den freien Warenverkehr in der Europäischen Union dar. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.

Nach ungarischem Recht ist zum Vertrieb von Kontaktlinsen ein mindestens 18 m2 großes Fachgeschäft oder ein von der Werkstatt abgetrennter Raum erforderlich. Zudem sind im Rahmen des Vertriebs dieser Produkte die Dienste eines Optometristen oder eines auf Kontaktlinsen spezialisierten Augenarztes in Anspruch zu nehmen.

Ungarischen Gesund­heits­be­hörden untersagten den Vertrieb von Kontaktlinsen über das Internet

Die ungarische Gesellschaft Ker-Optika vertreibt Kontaktlinsen über ihre Website. Die ungarischen Gesund­heits­be­hörden untersagten ihr die weitere Ausübung dieser Tätigkeit, da diese Produkte in Ungarn nicht über das Internet vertrieben werden dürften.

Nationales Gericht legt EuGH Frage zur Pflicht des ausschließ­lichen Vertriebs von Kontaktlinsen über Fachgeschäfte für medizinische Hilfsmittel vor

Ker-Optika focht diese Verbots­ver­fügung gerichtlich an, und der Baranya megyei bíróság (Bezirksgericht Baranya, Ungarn), bei dem der Rechtsstreit anhängig ist, legte dem Gerichtshof die Frage vor, ob das Unionsrecht der ungarischen Regelung entgegensteht, wonach Kontaktlinsen nur in einem Fachgeschäft für medizinische Hilfsmittel vertrieben werden dürfen und folglich ihr Vertrieb über das Internet verboten ist.

Verbot behindert erheblich für andere Mitgliedstaaten den Zugang zum ungarischen Markt

In seinem Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass das nach ungarischem Recht bestehende Verbot, Kontaktlinsen über das Internet zu vertreiben, für aus anderen Mitgliedstaaten stammende Kontaktlinsen gilt, die Gegenstand eines Versand­han­dels­verkaufs und einer Lieferung nach Hause an in Ungarn wohnende Verbraucher sind. Das Verbot enthält den Wirtschafts­teil­nehmern der anderen Mitgliedstaaten eine besonders effiziente Modalität für den Vertrieb dieser Waren vor und behindert so erheblich deren Zugang zum ungarischen Markt. Folglich stellt diese Regelung ein Hindernis für den freien Warenverkehr in der Europäischen Union dar.

Nationale Regelung soll Schutz der Gesundheit der Verbraucher gewährleisten

Zur Frage einer Rechtfertigung dieser Beschränkung weist der Gerichtshof darauf hin, dass ein Mitgliedstaat verlangen kann, dass Kontaktlinsen von Fachpersonal ausgehändigt werden, das in der Lage ist, dem Kunden Informationen zum richtigen Gebrauch und zur richtigen Pflege dieser Produkte sowie zu den mit dem Tragen von Kontaktlinsen verbundenen Risiken zu geben. Indem die ungarische Regelung die Aushändigung von Kontaktlinsen Optiker­ge­schäften vorbehält, die die Dienste eines qualifizierten Optikers anbieten, ist sie geeignet, die Erreichung des auf die Gewährleistung des Schutzes der Gesundheit der Verbraucher gerichteten Ziels zu gewährleisten.

Dienst­leis­tungen können auch von Augenärzten außerhalb von Optiker­ge­schäften erbracht

Der Gerichtshof weist jedoch darauf hin, dass diese Dienst­leis­tungen auch von Augenärzten außerhalb von Optiker­ge­schäften erbracht werden können. Zudem sind diese Leistungen grundsätzlich nur bei der ersten Lieferung von Kontaktlinsen notwendig. Denn bei späteren Lieferungen genügt es, dass der Kunde den Verkäufer auf den Kontakt­lin­sentyp, den er bei der ersten Lieferung erhalten hat, hinweist und ihm eine etwaige von einem Augenarzt festgestellte Veränderung seines Sehvermögens mitteilt. Außerdem können zusätzliche Informationen und Ratschläge, die für eine längere Verwendung von Kontaktlinsen notwendig sind, dem Kunden durch interaktive Elemente auf der Website des Anbieters oder durch einen qualifizierten Optiker gegeben werden, den der Anbieter zur Erteilung dieser Auskünfte aus der Ferne benennt.

Unter diesen Umständen entscheidet der Gerichtshof, dass das Ziel, den Schutz der Gesundheit der Kontakt­lin­sen­träger zu gewährleisten, durch Maßnahmen erreicht werden kann, die weniger beschränkend sind als die sich aus der ungarischen Regelung ergebenden. Folglich steht das Verbot des Verkaufs von Kontaktlinsen über das Internet nicht in angemessenem Verhältnis zum Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit und ist somit als Verstoß gegen die Vorschriften im Bereich des freien Warenverkehrs anzusehen.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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