Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss18.03.1996
Testament kann auch durch Einreißen widerrufen werdenWillentliches Einreißen stellt Widerruf durch Veränderung im Sinne von § 2255 BGB dar
Ein Erblasser kann ein eigenhändig geschriebenes Testament jederzeit ändern oder auch widerrufen. Ein Widerruf liegt z.B. vor, wenn der Erblasser das Testament an beiden Seiten eingerissen hat, so dass erkennbar ist, dass es sich um keine versehentliche Beschädigung des Papiers handelt. Dies hat das Bayerische Oberste Landesgericht entschieden.
Im zugrunde liegenden Fall wurden nach dem Tod einer Frau zwei Testamente vorgefunden. In dem älteren war ein Verwandter als Alleinerbe bestimmt. Das jüngere Testament hat fünf Verwandte der Erblasserin zu je 1/5 der Erbschaft als Erben berufen. Das zweite (jüngere) Testament, das aus zwei Blättern bestand und gefaltet war, wies auf beiden Blättern jeweils längs und quer vom Rand zu Mitte verlaufende deckungsgleiche Einrisse auf. Beide Blätter waren jedoch nicht völlig zerrissen, sondern waren als jeweils einheitliche, wenn auch stark eingerissene, Urkunde vorhanden.
Gericht: Versehentliche Beschädigung scheidet aus
Das Bayerische Oberste Landesgericht entschied, dass angesichts der von zwei Seiten erfolgten, tiefen Einrisse anzunehmen sei, dass eine nur versehentliche Beschädigung ausscheide. Das mehrfache Einreißen lasse den Willen der Vernichtung erkennen und schließe eine zufällige Beschädigung aus, stellte das Gericht fest.
Risse stammten von Erblasserin
Das Gericht ging in seiner Entscheidung davon aus, dass die Risse von der Erblasserin stammten.
Auszug aus dem Gesetz
Erläuterungen
§ 2255 BGB. Widerruf durch Vernichtung oder VeränderungenEin Testament kann auch dadurch widerrufen werden, dass der Erblasser in der Absicht, es aufzuheben, die Testamentsurkunde vernichtet oder an ihr Veränderungen vornimmt, durch die der Wille, eine schriftliche Willenserklärung aufzuheben, ausgedrückt zu werden pflegt. Hat der Erblasser die Testamentsurkunde vernichtet oder in der bezeichneten Weise verändert, so wird vermutet, dass er die Aufhebung des Testaments beabsichtigt habe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.10.2010
Quelle: ra-online (pt)
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