Bayerisches Landessozialgericht Beschluss19.02.2025
Bezahlkarte für Geflüchtete verfassungskonformErfolgloser Eilrechtsschutz gegen Asylbewerberleistungen mittels Bezahlkarte
Die in Bayern eingeführte Bezahlkarte für Asylsuchende ist rechtens. Dies hat das Bayerische Landessozialgericht entschieden. Es ist verfassungsrechtlich zulässig, das Existenzminimum auch durch Sach- oder Dienstleistungen zu gewähren. Auch dass die Bezahlkarte maximal Bargeldabhebungen von 50 Euro im Monat ermöglicht, ist verfassungsgemäß.
Die 1998 in Afghanistan geborene Antragstellerin reiste im Dezember 2023 in die Bundesrepublik ein, über ihren Asylantrag ist bislang nicht entschieden. Sie wurde verpflichtet, ihren Wohnsitz in einer Sammelunterkunft zu nehmen und erhielt zunächst Leistungen in Form eines Barbetrages für die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens. Mit Schreiben vom 04.06.2024 informierte der Antragsgegner die Antragstellerin darüber, dass die Leistungen ab Juli 2024 auf eine Bezahlkarte ausbezahlt würden. Sie könne monatlich 50,- Euro abheben und die Bezahlkarte entsprechend der räumlichen Beschränkung ihres Aufenthalts verwenden. Der Bescheid war sofort vollziehbar, der Zeitpunkt der Leistungsgewährung mittels Bezahlkarte wurde anschließend auf den 1. Oktober 2024 korrigiert.
Hiergegen beantragte die Antragstellerin Eilrechtsschutz. Bereits aus dem existenzsichernden Charakter der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts folge, dass die Antragstellerin zur Abwendung wesentlicher Nachteile auf eine sofortige Entscheidung angewiesen sei. Die Verletzung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums durch die weitreichenden Beschränkungen und die fehlende Selbstbestimmung über einen zu erwartenden mehrjährigen Zeitraum eines Hauptsacheverfahrens seien unzumutbar. Die Gewährung der Grundleistung in Form der Bezahlkarte komme faktisch einer Leistungskürzung gleich. Sie führe in ihrer konkreten Ausgestaltung zu einer Unterdeckung, weil sie für die Antragstellerin essenzielle kostensparende Möglichkeiten der Bedarfsdeckung abschneide, sodass die Bedarfsdeckung insgesamt unzureichend sei. Das Sozialgericht hat den Eilantrag abgelehnt. Der Antrag sei unbegründet. Gewichtige Gründe, die eine Ausnahme vom gesetzlichen Regelfall des Sofortvollzugs rechtfertigen könnten, seien nicht dargelegt. Die hier aufgeworfene Frage nach der Auszahlungsmodalität begründe keine Eilbedürftigkeit, die eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen könne. Einen Anspruch auf Auszahlung der Leistungen in bar oder auf Überweisung auf ihr Bankkonto habe die Antragstellerin jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht.
Die Entscheidung:
Das LSG hat die Beschwerde der Antragstellerin mit Beschluss vom 19.02.2025 zurückgewiesen.
Es sei verfassungsrechtlich zulässig, das Existenzminimum auch durch Sach- oder Dienstleistungen zu gewähren. § 3 Abs. 3 AsylbLG stelle es in das pflichtgemäße Ermessen des Leistungsträgers, die Entscheidung über die Form der Leistung zu treffen. Es bestehe daher insofern lediglich ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung. Ein Anspruch auf eine konkrete Leistungsform (z.B. Geldleistung statt Bezahlkarte) komme daher nur im Fall einer Ermessensreduzierung auf Null in Betracht. Entsprechende Umstände seien in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen. Soweit bestimmte Dienstleistungen oder Waren nicht mit der Bezahlkarte bezahlt werden können, stehe hierfür der monatliche Barbetrag zur freien Verfügung. Auch der Umstand, dass die Bezahlkarte maximal Bargeldabhebungen von 50 € monatlich ermögliche, begründe grds. keinen wesentlichen Nachteil, der den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigen könnte. Die aus der Obergrenze möglicher Bargeldabhebungen resultierende Begrenzung des Bargeldeinsatzes sei der gesetzlich geregelten Zulässigkeit einer anderen Erbringung von Leistungen als durch Bargeld immanent.
Aus dem Anspruch auf Gewährleistung des Existenzminimums nach Art. 1 Abs. 1, 20 Abs. 1 GG folge kein Anspruch auf bestmögliche Versorgung. Das Asylbewerberleistungsrecht sei ein Existenzsicherungsrecht auf niedrigstem Leistungsniveau. Es sei nicht erkennbar, dass der Einsatz des Barbetrags zusammen mit der Bezahlkarte nicht genügen würde, um existenzielle Bedarfe zu decken.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 06.03.2025
Quelle: Bayerisches Landessozialgericht, ra-online (pm/pt)