14.11.2024
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Dokument-Nr. 3480

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil22.11.2006

Luftsteuer für Balkone ist rechtswidrigGesetzliche Ermäch­ti­gungs­grundlage fehlt für derartige Sonder­nut­zungs­ge­bühren

Die von der Landes­hauptstadt München erhobene Sonder­nut­zungs­gebühr (z.T. als sog. "Luftsteuer" bezeichnet) für Balkone, die in den öffentlichen Straßenraum ragen, erwies sich - im konkreten Fall - als rechtswidrig. Dies hat der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall klagte ein Miteigentümer in einer Wohnanlage gegen einen Bescheid über Sonder­nut­zungs­ge­bühren in Höhe von über 10.000 Euro, der an ihn als "Gesamtschuldner für die Wohnungs­ei­gentümer" einer Anlage mit ca. 30 Balkonen und einem Vordach adressiert war. Die Klage hat das Bayerische Verwal­tungs­gericht München mit Urteil vom 12. Mai 2005 abgewiesen. Im Berufungs­ver­fahren vor dem Bayerischen Verwal­tungs­ge­richtshof hatte der Kläger jedoch Erfolg; die vorangegangene Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts München wurde abgeändert und der Gebüh­ren­be­scheid aufgehoben.

Das Gericht gelangt zum Ergebnis, dass grundsätzlich Sonder­nut­zungs­ge­bühren erhoben werden können, jedoch auf Grund der derzeit bestehenden Satzungs­re­gelung nicht in der vorgenommenen Art und Weise. Die Heranziehung eines einzelnen Wohnungs­ei­gen­tümers als Gesamtschuldner von Sonder­nut­zungs­ge­bühren, die die gesamte Wohnanlage betreffen, bedürfe wegen des damit verbundenen Eingriffs in Freiheits- und Eigen­tums­grund­rechte einer besonderen gesetzlichen Ermäch­ti­gungs­grundlage. Das Bayerische Straßen- und Wegerecht, Ermäch­ti­gungs­grundlage für Sondernutzungs(gebühren)satzungen, sehe jedoch eine entsprechende Befugnis nicht vor. Im Anschluss an die zivilrechtliche Rechtsprechung sei vielmehr die Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft selbst als Gebüh­ren­schuldner heranzuziehen.

Des Weiteren halte die Vorschrift in der Sonder­nut­zungs­ge­büh­ren­satzung, wonach Sondernutzungen auch dann gebüh­ren­pflichtig würden, wenn sie im Gebüh­ren­ver­zeichnis der Satzung nicht aufgeführt seien, der gerichtlichen Prüfung nicht stand. Insofern liege ein Verstoß gegen das Gebot hinreichender Bestimmtheit von Normen vor. Denn ein Abgaben­pflichtiger könne eine ihn treffende Abgabenpflicht nur ermitteln, wenn er die gebüh­ren­pflichtige Nutzungsart kenne. Die einschlägigen Bestimmungen würden aber nur einen Teil der Nutzungsarten regeln und im Übrigen die entsprechende Anwendung solcher geregelter Tatbestände anordnen, die den nicht geregelten Tatbeständen am ähnlichsten seien. Dies sei mit dem Grundsatz der Tatbe­stands­mä­ßigkeit der Abgabenschuld nicht mehr vereinbar. Im Übrigen begegne die Sonder­nut­zungs­ge­büh­ren­satzung grundsätzlichen Bedenken, weil bei der Inanspruchnahme des Luftraums über der Straße keine Abstufung der Gebühren vorgenommen sei. Bei Sondernutzungen für die Inanspruchnahme des Luftraums über öffentlichen Straßen außerhalb des Verkehrsraums (z.B. Balkon) sei die Gebührenschuld grundsätzlich nur nach dem wirtschaft­lichen Interesse des Gebüh­ren­schuldners zu bemessen. Denn eine nennenswerte Einwirkung auf die Straße und den Gemeingebrauch sei angesichts der Höhe der Einwirkung in den Luftraum - deutlich über Fußgängerhöhe - und dem relativ geringen Vorspringen in den Luftraum über der Straße (beim Vordach ,4 m und bei den Balkonen 1,2 m) nicht messbar. Das wirtschaftliche Interesse selbst dürfe nur bis zu der Grenze herangezogen werden, innerhalb der der Träger der Straßenbaulast noch ein Interesse am Ausschluss von Einwirkungen auf den Luftraum (etwa bis zur Höhe von straßen­be­glei­tenden Bäumen, Straßenlampen oder Oberlei­tungs­masten von Straßenbahnen) über der Straße haben könne.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Bayern vom 06.12.2006

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