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Dokument-Nr. 32907

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss15.05.2023

Amtsgericht muss anonymisierte Fassung eines Strafbefehls an Journalisten herausgebenInformations­interesse des Journalisten hat Vorrang gegenüber dem Geheim­haltungs­interesse des Beigeladenen

Der Bayerische Verwaltungs­gerichts­hof (BayVGH) hat in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass das Amtsgericht Erding verpflichtet ist, einem Journalisten eine anonymisierte Fassung eines bereits rechtskräftigen Strafbefehls herauszugeben.

Das Amtsgericht Erding hatte einen entsprechenden Antrag eines Journalisten auf Übersendung des anonymisierten Strafbefehls abgelehnt. Zur Begründung der Ablehnung hatte das Amtsgericht auf die Besonderheiten des Straf­be­fehls­ver­fahren verwiesen, wonach eine Verurteilung ohne mündliche Verhandlung erfolgen kann. Eine Publi­ka­ti­o­ns­pflicht zur Veröf­fent­lichung des Strafbefehls bestehe anders als bei Strafurteilen mangels mündlicher Verhandlung nicht. Das Verwal­tungs­gericht München hatte den Freistaat Bayern als Rechtsträger des Amtsgerichts auf Antrag des Journalisten in erster Instanz verurteilt, innerhalb einer Woche nach Rechtskraft der Entscheidung eine anonymisierte Fassung des Strafbefehls an den Journalisten herauszugeben. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des vom Strafbefehl Betroffenen, den das Verwal­tungs­gericht zum Verfahren beigeladen hatte.

BayVGH: Rechtspflicht zur Publikation veröf­fent­li­chungs­würdiger Gericht­s­ent­schei­dungen umfasse auch Strafbefehle

Der BayVGH hat nunmehr mit seinem Beschluss die Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts München bestätigt und den presse­recht­lichen Auskunfts­an­spruch im vorliegenden Fall bejaht. Die allgemein anerkannte Rechtspflicht zur Publikation veröf­fent­li­chungs­würdiger Gericht­s­ent­schei­dungen umfasse auch Strafbefehle. Die Publi­ka­ti­o­ns­pflicht sei nicht deshalb zu verneinen, weil der Strafbefehl ohne mündliche Verhandlung erging. Der streit­ge­gen­ständliche Strafbefehl sei eine veröf­fent­li­chungs­würdige Entscheidung, weil – wie die konkrete Presseanfrage zeige – an dessen Herausgabe ein öffentliches Interesse bestehe. Das Verwal­tungs­gericht München sei ferner zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass dem Informationsinteresse des Journalisten im konkreten Einzelfall der Vorzug gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse des Beigeladenen zukomme. Zu berücksichtigen sei, dass der Strafbefehl hier auch die geschäftlichen Beziehungen des Beigeladenen zu Dritten betreffe und damit der im Vergleich zur Intim- oder Privatsphäre weniger schutzwürdigen Sozialsphäre zuzurechnen sei. Gegen den Beschluss des BayVGH gibt es kein Rechtsmittel.

Quelle: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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