Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil29.09.2008
Medizinische Diagnose als "Wertung" nicht angreifbar – kein "Widerruf"
Eine den grundlegenden fachlichen Anforderungen entsprechende medizinische Diagnose eines Amtsarztes (einschließlich der damit verbundene Aussage, dass bei einem Patienten bestimmte Symtome vorliegen), stellt keine Tatsachenbehauptung, sondern eine Wertung dar. Eine Verurteilung des Arztes oder der Behörde, für die der Arzt tätig geworden ist, zum Widerruf, scheidet damit aus.
Anlässlich einer in anderer Sache durchgeführten amtsärztlichen Untersuchung hatte die Klägerin geäußert, dass Sie legal im Besitz von Schusswaffen sei. Der Amtsarzt am Gesundheitsamt der Stadt Augsburg teilte der Kreisverwaltungsbehörde der Stadt Augsburg daraufhin im Frühjahr 2006 seinen Befund – Vorliegen einer psychischen Störung – mit und regte an, waffenrechtliche Maßnahmen zu überprüfen.
In der ersten Instanz hatte das Verwaltungsgericht Augsburg die Stadt Augsburg noch zum Widerruf der Aussage, die Klägerin leide an einer psychischen Störung verurteilt, weil es die Erkenntnisse als „zu dürftig“ erachtet hatte. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese Entscheidung nun aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Dabei stellte der Verwaltungsgerichtshof klar, dass sich ein Widerrufsverlangen nur auf unwahre Tatsachenbehauptungen, nicht jedoch auf Wertungen und Meinungsäußerungen beziehen kann. Bei einer den grundlegenden fachlichen Anforderungen entsprechenden medizinischen Diagnose eines Amtsarztes (einschließlich der damit verbundene Aussage, bei einem Patienten lägen bestimmte Symtome vor), handele es sich um eine Wertung. Eine Verurteilung des Arztes oder der Behörde, für die der Arzt tätig geworden sei, zum Widerruf, komme nur dann in Frage, wenn die Diagnose einer auf Sachkunde beruhenden Beurteilung völlig entbehre, also ins „Blaue hinein“ erstellt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof sah im konkreten Fall eine fachlich ausreichend fundierte Diagnose als gegeben an, obwohl der Amtsarzt die Klägerin nur einmal im Jahre 2001 persönlich untersucht hatte. Die Erkenntnisse, die seiner Mitteilung an die Kreisverwaltungsbehörde vom April 2006 zu Grunde lagen, hatte er aus anderen Erkenntnisquellen – so auch aus telefonischen Äußerungen der Klägerin gegenüber Mitarbeitern des Gesundheitsamtes – gewonnen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.12.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Bayern vom 03.12.2008
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