Dokument-Nr. 2172
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil04.04.2006
Bayerischer VGH bestätigt Rechtmäßigkeit der Zweitwohnungsteuer
Mit zwei Urteilen hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit der Zweitwohnungsteuersatzungen zweier Fremdenverkehrsgemeinden (Stadt Tegernsee und Gemeinde Aschau) bestätigt.
Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass bayerische Gemeinden grundsätzlich berechtigt sind, auf der Grundlage des Kommunalabgabengesetzes Satzungen über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer zu erlassen. Seit 1989 war es den bayerischen Gemeinden zwar gesetzlich verboten, eine Steuer auf das Innehaben einer Wohnung zu erheben. Mit der Aufhebung dieses Verbots im Sommer 2004 wollte der Gesetzgeber jedoch angesichts leerer kommunaler Kassen den Gemeinden eine weitere Einnahmequelle erschließen. Das Gericht betont, dass es nicht diese politische Entscheidung zu bewerten hat. Ihm kommt im Normenkontrollverfahren allein die Prüfung zu, ob die beiden angegriffenen Satzungen mit höherrangigem Recht zu vereinbaren sind.
Aus der Sicht des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs bestehen keine Zweifel daran, dass die bayerischen Gemeinden nach den finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes und den landesrechtlichen Vorschriften grundsätzlich berechtigt sind, eine Zweitwohnungsteuer zu erheben. Die Rechtslage stellt sich damit nicht anders dar als etwa in den Ländern Baden-Württemberg oder Schleswig-Holstein, in denen - durch die obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt - seit über 30 Jahren Eigentümer und Mieter von Zweitwohnungen zur Steuer herangezogen werden. Anknüpfungspunkt für diese Steuer ist der besondere finanzielle Aufwand, den der Steuerpflichtige betreibt, indem er neben seiner Hauptwohnung eine weitere Wohnung für seine persönliche Lebensführung nutzt bzw. zur eigenen Nutzung vorhält. Die dauerhafte Vermietung von Zweitwohnungen (reine Kapitalanlage) fällt demgegenüber nicht unter die Zweitwohnungsteuer.
Das Gericht hat die Satzungen der Stadt Tegernsee und der Gemeinde Aschau, die im Wesentlichen identisch sind, in ihrer konkreten rechtlichen Ausgestaltung nicht beanstandet. Das Gericht hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass den Gemeinden beim Erlass derartiger Satzungen ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt, zumal der Gesetzgeber darauf verzichtet hat, den Gemeinden konkrete Vorgaben etwa zum Steuermaßstab und Steuersatz zu machen. Auch hat er - was ihm rechtlich zusteht - keinen Genehmigungsvorbehalt für die gemeindlichen Satzungen vorgesehen. Der den Gemeinden eingeräumte weite Gestaltungsspielraum führt zwangsläufig zu einem beschränkten rechtlichen Überprüfungsrahmen für das Gericht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ist diesem insbesondere die Prüfung verwehrt, ob der Satzungsgeber im Einzelfall die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat; das Gericht ist vielmehr auf eine Rechtskontrolle beschränkt.
Ein unzulässiges Überschreiten des gemeindlichen Gestaltungsspielraums konnte der Verwaltungsgerichtshof nicht feststellen. Das Anknüpfen der Steuer an die Jahresnettokaltmiete - einer von mehreren möglichen Steuermaßstäben - und deren Schätzung durch die Gemeinde bei selbstgenutzten Eigentumswohnungen ist unbedenklich; dieser Maßstab lässt Rückschlüsse auf den Aufwand zu, der mit der Steuer erfasst werden soll. Auch die von den Gemeinden gewählte Staffelung der Steuersätze in 7 Stufen, die eine Jahressteuer von 110 € bis zu 7.200 € umfasst, hält sich im vorgegebenen rechtlichen Rahmen. Der Senat verkennt nicht, dass bei diesem System ein nur geringfügiges Überschreiten einer Stufe zur Verdoppelung der Steuer führt, was von den Betroffenen verständlicherweise als ungerecht empfunden wird. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass gerade bei einer pauschalierenden Regelung in den "Grenzbereichen" unvermeidliche Härten auftreten; sie sind deswegen aber noch nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz unvereinbar. Es gilt hierfür nichts anderes als etwa bei Stichtagsregelungen oder Grenzwerten. Entscheidet sich der Satzungsgeber zulässigerweise aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung dafür, den Aufwand für Zweitwohnungen zu schätzen, so entspricht es dieser Entscheidung, beim Steuersatz - pauschal - Gruppen zu bilden. Damit werden im Rahmen der Veranlagung Unschärfen bei der "centgenauen" Ermittlung der Jahresnettokaltmiete abgemildert. Dem kommunalen Satzungsgeber steht es grundsätzlich frei, die Zahl der Staffelungen zu erhöhen - aber auch zu verringern - ebenso wie er sich für einen degressiven Tarif hätte entscheiden können. Rechtlich verpflichtet ist er dazu jedoch nicht.
Der Höchststeuersatz von 7.200 € erscheint absolut gesehen sehr hoch, jedoch ist er mit dem ebenfalls sehr hohen jährlichen Mietaufwand von mehr als 40.000 € in Relation zu setzen. Wer zum Zweck der persönlichen Lebensführung bereit und in der Lage ist, einen derartigen Aufwand zu treiben, ist finanziell besonders leistungsfähig. Es kann daher ohne weiteres ausgeschlossen werden, dass die Zweitwohnungsteuer in diesen - in der Praxis ohnehin sehr seltenen Fällen (derzeit in Tegernsee 3 Fälle, in Aschau keiner) - konfiskatorisch wirkt und das Eigentumsgrundrecht verletzt.
Das Gericht weist abschließend darauf hin, dass mit den vorliegenden Normenkontrollentscheidungen nur die abstrakt-generellen Regelungen der o.g. Gemeinden als rechtlich unbedenklich eingestuft worden sind. Damit ist aber noch nicht abschließend entschieden, ob die Erhebung der Zweitwohnungsteuer in jedem Einzelfall rechtmäßig ist.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.04.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des BayVGH vom 04.04.2006
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