24.11.2024
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Urteil11.12.2008BundesverwaltungsgerichtBVerwG 7 C 1.08
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Bundesverwaltungsgericht Urteil11.12.2008

Gemeindliche Kirchen­bau­lasten in den neuen Bundesländern mit dem Einigungs­vertrag untergegangenKommunen müssen nicht für Kirchen­in­stand­setzung zahlen

Vertraglich begründete Kirchen­bau­lasten der ehemaligen Gemeinden in der späteren DDR sind nicht auf die nach der Wende errichteten Gemeinden übergegangen, sondern mit dem Inkrafttreten des Einigungs­ver­trages erloschen. Das hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in Leipzig entschieden.

Die Klägerinnen, eine Kirchgemeinde und eine Pfarrei in Thüringen, verlangen von der beklagten Stadt Hildburghausen Zahlungen für Reparaturen an Kirche und Pfarrhaus. Sie stützen sich hierfür auf zwei, 1928 und 1929 geschlossene Verträge. In ihnen hatte sich die damals noch selbstständige, 1969 in die Stadt Hildburghausen eingegliederte Gemeinde Häselrieth verpflichtet, die Kosten der Instandsetzung von Kirche und Pfarrgebäude zu tragen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat angenommen, die beklagte Stadt Hildburghausen sei nicht aufgrund der Verträge zwischen der damaligen Gemeinde Häselrieth und den Klägerinnen verpflichtet, die geltend gemachten Aufwendungen zu tragen. Die Gemeinden in der DDR hätten spätestens mit dem Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht vom 18. Januar 1957 aufgehört, als rechtlich selbstständige Gebiets­kör­per­schaften zu existieren, mit der Folge, dass sie nicht mehr Schuldner der Verbind­lich­keiten gewesen seien, die gegenüber den Gemeinden als rechtlich selbstständigen Gebiets­kör­per­schaften bestanden hätten. Durch die Kommu­na­l­ver­fassung der DDR vom Mai 1990 seien die Gemeinden und Landkreise in der DDR originär neu errichtet worden. Diese neu errichteten Gemeinden seien mit den bis 1957 existierenden Gemeinden weder identisch noch deren Rechts­nach­folger. Nach dem Einigungs­vertrag und anderen insoweit erlassenen Gesetzen seien auf die neu errichteten Gemeinden nur solche Verbind­lich­keiten übergegangen, die in einem sachlichen Zusammenhang mit übernommenen Vermögenswerten stünden. Isolierte Verbind­lich­keiten - wie die hier betroffenen Kirchen­bau­lasten - seien hingegen mangels einer im Einigungs­vertrag vorgesehenen Überleitung erloschen.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat diese Auffassung bestätigt. Es hat insbesondere den Einwand der Klägerinnen als unbegründet zurückgewiesen, eine mangelnde Überleitung der Verpflichtungen aus Kirchen­bau­lasten im Einigungs­vertrag verletze das verfas­sungs­rechtliche Gebot der Gleich­be­handlung, weil den Kirchen­ge­meinden in den neuen Bundesländern Kirchen­bau­lasten als Mittel zur Finanzierung ihrer Bauaufwendungen flächendeckend genommen würden, während sie den Kirchen­ge­meinden in den alten Bundesländern ebenso flächendeckend weiterhin zur Verfügung stünden. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat angenommen, ein Vergleich mit den Kirchen­ge­meinden in den alten Bundesländern müsse nicht angestellt werden. Diese seien nicht von einer Umbruch­si­tuation betroffen gewesen, in der habe geregelt werden müssen, welche Rechte und Rechts­ver­hältnisse in die neuen Verhältnisse übergeleitet werden könnten und sollten. Jedenfalls habe der Gesetzgeber eine Situation vorgefunden, in der wegen einer grundlegenden Änderung der Verhältnisse der Fortbestand von Kirchen­bau­lasten zumindest zweifelhaft gewesen sei. Es sei nicht sachwidrig, in einer solchen Lage von einer Überleitung dieser zweifelhaft gewordenen Rechts­ver­hältnisse auf die neu errichteten Gemeinden abzusehen, um diese nicht mit Verbind­lich­keiten zu belasten, deren innere Rechtfertigung in Wegfall gekommen sei. Die Begründung kirchlicher Baulasten habe stets den Hintergrund gehabt, dass die Einwohner der Gemeinde vollständig oder doch weitgehend identisch mit den Mitgliedern der Kirchengemeinde gewesen seien. Insoweit hätten sich die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR vollständig anders entwickelt. Nach den überein­stim­menden Angaben der Beteiligten liege etwa in Thüringen die Zahl der Mitglieder einer Kirche deutlich unter einem Drittel der Gesamt­be­völ­kerung. Auch wenn die heutige konfessionelle Zusammensetzung der Bevölkerung sich als Ergebnis gezielt antikirchlicher Politik der DDR erweise, müssten die neu errichteten Gemeinden auf dem Gebiet der ehemaligen DDR sich dieses Ergebnis nicht zurechnen lassen. Der Gesetzgeber des Einigungs­ver­trages habe notgedrungen an die vorgefundene Entwicklung anknüpfen müssen und von der Überleitung in ihrem Bestand zweifelhaft gewordener Ansprüche auf die neu errichteten Gemeinden absehen dürfen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 84/08 des BVerwG vom 11.12.2008

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