24.11.2024
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Dokument-Nr. 21971

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Urteil25.11.2015BundesverwaltungsgerichtBVerwG 6 C 21.14
Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil26.04.2012, 1 K 1664/11
  • Oberverwaltungsgericht Münster, Urteil29.04.2014, 5 A 1386/12
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil25.11.2015

Kirchen­ge­richtliche Kosten­erstattungs­ansprüche können vor staatlichen Gerichten eingeklagt werdenStaatlicher Rechtsschutz zur Durchsetzung kirchen­ge­richt­licher Kosten­erstattungs­ansprüche grundsätzlich möglich

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass Kosten­erstattungs­ansprüche aus einem Verfahren vor den Kirchen­ge­richten grundsätzlich vor den staatlichen Gerichten eingeklagt werden können.

Der Beklagte des zugrunde liegenden Verfahrens, ein evangelischer Pfarrer, beantragte vor dem kirchlichen Verwal­tungs­gericht der Evangelischen Kirche im Rheinland gegen die Klägerin, eine evangelische Kirchengemeinde, den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Das kirchliche Verwal­tungs­gericht lehnte den Antrag ab. Der Beklagte machte dagegen ein Beschwer­de­ver­fahren anhängig, in dem die Klägerin durch einen Rechtsanwalt katholischer Konfession vertreten wurde. Nach dem kirchlichen Verwal­tungs­ge­richts­gesetz können Bevollmächtigte in kirchen­ge­richt­lichen Verfahren nur Personen sein, die einer Gliedkirche der EKD angehören; andere Personen können durch Beschluss des Gerichts als Bevollmächtigte zugelassen werden. Das kirchliche Beschwer­de­gericht wies die Beschwerde des Beklagten zurück und erlegte ihm die Kosten des Beschwer­de­ver­fahrens auf. Der Urkundsbeamte des kirchlichen Verwal­tungs­ge­richts setzte auf Antrag der Klägerin die ihr zu erstattenden Anwaltskosten gegen den Beklagten fest. In dem Erinne­rungs­ver­fahren gegen diese Kostenrechnung wies das kirchliche Beschwer­de­gericht den Rechtsbehelf des Beklagten zurück. Zugleich ließ es rückwirkend den Rechtsanwalt der Klägerin als deren Prozess­be­voll­mäch­tigten zu. Der Beklagte zahlte die zur Erstattung festgesetzten Kosten nicht. In dem deshalb von der Klägerin anhängig gemachten Zivilprozess verwies das Amtsgericht das Verfahren an das Verwal­tungs­gericht Düsseldorf, das den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung der festgesetzten Kosten verurteilte. Das Oberver­wal­tungs­gericht Münster wies die Berufung des Beklagten zurück.

Staatliches Gewaltmonopol verpflichtet staatliche Gerichte zur Gewährung von Rechtsschutz

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht wies auch die Revision des Beklagten zurück. Die im Grundgesetz verankerte Pflicht der staatlichen Gerichte, Rechtsschutz zu gewähren, besteht wegen des staatlichen Gewaltmonopols auch für Ansprüche, die sich aus kirchlichem Recht, hier kirchlichem Prozessrecht ergeben, wenn diese Ansprüche nicht anderweit durchgesetzt werden können. Eine solche anderweitige Möglichkeit besteht nicht für Koste­n­er­stat­tungs­ansprüche, welche der obsiegenden Partei in einem Verfahren vor den Kirchen­ge­richten nach dem dort geltenden Prozessrecht entstanden sind. Kosten­rech­nungen der Kirchengerichte sind anders als Kosten­fest­set­zungs­be­schlüsse staatlicher Gerichte keine vollstreckbaren Titel, so dass die Kosten nicht etwa mit Hilfe des Gerichts­voll­ziehers beigetrieben werden können. Die staatlichen Gerichte können die kirchen­ge­richt­lichen Entscheidungen, aus denen die Koste­n­er­stat­tungs­ansprüche hervorgegangen sind, nicht uneingeschränkt nachprüfen. Dem steht das im Grundgesetz garantierte Recht der Religi­o­ns­ge­mein­schaften entgegen, ihre inneren Angelegenheiten eigenständig zu regeln. Dazu gehört auch die Befugnis, eine kirchliche Gerichtsbarkeit zu schaffen und deren Verfahren zu regeln. Die Entscheidungen der Kirchengerichte sind in diesem Bereich von den staatlichen Gerichten nur darauf hin nachzuprüfen, ob sie mit den in Art. 79 Abs. 3 GG umschriebenen fundamentalen Verfas­sungs­prin­zipien vereinbar und frei von Willkür sind sowie die grundlegenden Verfah­rens­ga­rantien einhalten. Das war hier der Fall. Nach diesem Maßstab nicht zu beanstanden war auch die Auslegung des kirchlichen Prozessrechts durch das kirchliche Beschwer­de­gericht, noch nachträglich und rückwirkend die Zulassung eines Rechtsanwalts katholischer Konfession als Bevoll­mäch­tigten der Klägerin auszusprechen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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