15.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil26.04.2007

Airbus-Werkflughafen in Hamburg darf erweitert werdenAnwohnerklage gegen Planfest­stel­lungs­be­schluss für Airbus Hamburg-Finkenwerder erfolglos

Die Klage eines Anwohners gegen den Planfest­stel­lungs­be­schluss "DA-Erweiterung A3XX" vom 8. Mai 2000 ist auch vor dem Bundes­ver­wal­tungs­gericht ohne Erfolg geblieben. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Revision gegen das klagabweisende Urteil des Hamburgischen Oberver­wal­tungs­ge­richts vom 2. Juni 2005 zurückgewiesen.

Der angefochtene Planfest­stel­lungs­be­schluss soll es der Airbus Deutschland GmbH ermöglichen, in Hamburg-Finkenwerder das Großraum­flugzeug A380 zu bauen. Er gestattet u.a., eine Teilfläche des als Europäisches Vogel­schutz­gebiet und als "Natura 2000"-Gebiet gemeldeten Mühlenberger Lochs zu verfüllen und dort eine Baufläche für die Erweiterung des Werks herzurichten, die Start- und Landebahn des Werks­flug­platzes auf 2684 m zu verlängern und den Flugbetrieb auszuweiten. Die Baumaßnahmen sind im Wesentlichen abgeschlossen. Ein weiterer Planfest­stel­lungs­be­schluss vom 29. April 2004, der die Grundlage für eine Verlängerung der Start- und Landebahn um nochmals 589 m schafft, war nicht Gegenstand des Verfahrens.

Der Kläger hatte geltend gemacht, dass die teilweise Verfüllung des Mühlenberger Lochs gegen die EU-Vogelschutz- und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) verstoße. Außerdem sei das Vorhaben nicht gemeinnützig, sondern ausschließlich privatnützig. Ein privatnütziger Flugplatz, der zu einer erheblichen Lärmbelastung der Anwohner führe, dürfe nicht zugelassen werden. Die Möglichkeit, die Anwohner auf Schall­schutz­fenster und Belüf­tungs­ein­rich­tungen zu verweisen, bestehe nur bei einem dem allgemeinen Verkehr dienenden Verkehrs­flughafen. Jedenfalls müsse ihm eine Entschädigung für die Beein­träch­tigung seines Außen­wohn­be­reichs gewährt werden.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat entschieden, dass ein nur lärmbetroffener Anwohner nicht rügen kann, eine mit dem Flugplatzausbau zusam­men­hängende wasserbauliche Maßnahme – hier die teilweise Verfüllung des Mühlenberger Lochs – verstoße gegen die Vogelschutz- und die FFH-Richtlinie. Das deutsche Natur­schutzrecht begründe eine solche Befugnis nicht. Auch das Gemein­schaftsrecht verleihe dem Einzelnen nicht das Recht, die Beachtung der Vogelschutz- und der FFH-Richtlinie zu verlangen. Diese Richtlinien schützten die Lebensräume der wildlebenden Tiere und Pflanzen, nicht dagegen das Interesse der in ihrer Nähe lebenden Menschen.

Bei der Planfest­stellung von Flugplätzen unterscheidet das Luftver­kehrs­gesetz nicht zwischen gemein- und privatnützigen Vorhaben. Wenn ein Luftver­kehrs­bedarf besteht und der private Sonderflugplatz geeignet und erforderlich ist, diesen Bedarf zu decken, ist auch die Planung eines solchen Flugplatzes gerechtfertigt. Das Luftver­kehrs­gesetz lässt es zu, die Anwohner zugunsten eines privaten Sonder­flug­platzes auf passiven Schallschutz und gegebenenfalls eine Außen­wohn­be­reich­s­ent­schä­digung zu verweisen. Die Lärmschutz­belange der Anwohner dürfen im Wege der Abwägung jedoch nur zurückgestellt werden, wenn hinreichend gewichtige Gründe für das Vorhaben sprechen. Hier hatte die Planfest­stel­lungs­behörde ein öffentliches Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens bejaht, weil die Produktion des A380 positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, den Luftfahrt­s­tandort Hamburg und die gesamte regionale Wirtschaftss­truktur habe. Die Europäische Kommission hat diese Einschätzung in ihrer Stellungnahme vom 19. April 2000 geteilt. Die Planfest­stel­lungs­behörde hat ihren Abwägungs­spielraum nicht überschritten, indem sie die Lärmschutz­belange der Anwohner hinter diesen für das Vorhaben sprechenden Belangen zurückgestellt hat.

Der Kläger ist nach den Feststellungen des Oberver­wal­tungs­ge­richts im Innern der Wohnung durch Lärmschutz­fenster und Lüftungs­ein­rich­tungen vor unzumutbarem Lärm geschützt. Ein Anspruch auf Entschädigung für die Beein­träch­tigung des Außen­wohn­be­reichs steht ihm schon deshalb nicht zu, weil der Lärm nach den nicht zu beanstandenden Ermittlungen des Oberver­wal­tungs­ge­richts einen Dauer­scha­llpegel von 60,4 dB(A) und damit die vom Oberver­wal­tungs­gericht bei 62 dB(A) gezogene Zumut­ba­r­keits­grenze nicht überschreiten wird. Ob das Oberver­wal­tungs­gericht im Außen­wohn­bereich zu Recht 3 dB(A) weniger als bei einem Verkehrs­flughafen als zumutbar angesehen hat, konnte das Bundes­ver­wal­tungs­gericht deshalb offen lassen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 26/07 des BVerwG vom 26.04.2007

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