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Dokument-Nr. 3883

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Urteil28.02.2007BundesverwaltungsgerichtBVerwG 3 C 38.05
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Bundesverwaltungsgericht Urteil28.02.2007

Zwangsarbeit schließt Entschädigung für NS-Unternehmer nicht ausBundes­ver­wal­tungs­gericht zur Beschäftigung von Zwangsarbeitern sowie von Kriegs- und Strafgefangenen

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in Leipzig hat entschieden, dass in der Beschäftigung von Zwangsarbeitern sowie von Kriegs- und Strafgefangenen während des Zweiten Weltkriegs bei anständiger Behandlung noch kein Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechts­s­taat­lichkeit liegt und dass darin auch kein schwerwiegender Missbrauch der Stellung oder ein erhebliches Vorschubleisten zugunsten des natio­nal­so­zi­a­lis­tischen Systems zu sehen ist.

Die Beschäftigung von Zwangsarbeitern sowie von Kriegs- und Strafgefangenen in einem Rüstungsbetrieb führt nicht zum Ausschluss von einer Ausgleichs­leistung, wenn sie im Unternehmen anständig behandelt wurden

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in Leipzig hat entschieden, dass in der Beschäftigung von Zwangsarbeitern sowie von Kriegs- und Strafgefangenen während des Zweiten Weltkriegs bei anständiger Behandlung noch kein Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechts­s­taat­lichkeit liegt und dass darin auch kein schwerwiegender Missbrauch der Stellung oder ein erhebliches Vorschubleisten zugunsten des natio­nal­so­zi­a­lis­tischen Systems zu sehen ist.

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Ausgleichs­leis­tungen für ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück, das ihrem Schwiegervater im Jahr 1949 auf Veranlassung der sowjetischen Besatzungsmacht entschä­di­gungslos entzogen worden war. Ihr Schwiegervater war Mitglied des Vorstandes und Betriebsleiter eines Unternehmens gewesen, in dem während des Zweiten Weltkrieges auch Zwangsarbeiter sowie Kriegs- und Strafgefangene eingesetzt wurden. Das Unternehmen stellte u.a. Funk- und Funkmessgeräte für die Luftwaffe her. Nach § 1 Abs. 4 des Ausgleichs­leis­tungs­ge­setzes werden Leistungen nach diesem Gesetz unter anderem dann nicht gewährt, wenn der Antragsteller oder sein Rechtsvorgänger oder das enteignete Unternehmen gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechts­s­taat­lichkeit verstoßen haben, ein schwerwiegender Missbrauch der Stellung vorlag oder dem natio­nal­so­zi­a­lis­tischen System erheblicher Vorschub geleistet wurde. Gestützt auf diese Regelung wurden die beantragten Leistungen verweigert. Das Verwal­tungs­gericht hat der hiergegen gerichteten Klage stattgegeben.

Die Revision der Beklagten blieb erfolglos. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hatte auf der Grundlage der bindenden Feststellungen des Verwal­tungs­ge­richts davon auszugehen, dass im Betrieb keine KZ-Häftlinge eingesetzt waren und dass die dort Beschäftigten anständig behandelt wurden. Danach konnte ein Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechts­s­taat­lichkeit nicht angenommen werden. Die Umstände bei der Rekrutierung der Zwangsarbeiter können dem Unternehmen und den Unter­neh­mens­ver­ant­wort­lichen, die darauf anders als auf die Behandlung ihrer Beschäftigten keinen Einfluss hatten, nicht zugerechnet werden. Soweit im Unternehmen Kriegsgefangene zu Arbeiten eingesetzt waren, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit Kriegs­hand­lungen standen, stellt eine darin liegende Verletzung von Völkerrecht nicht zugleich einen Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechts­s­taat­lichkeit dar. Anhaltspunkte hierfür geben die Art. 129 und 130 des Genfer Abkommens über die Behandlung von Kriegs­ge­fangenen vom 12. August 1949. Danach begründet – anders als etwa die Nötigung eines Kriegs­ge­fangenen zum Dienst in den Streitkräften der feindlichen Macht - eine konven­ti­o­ns­widrige Beschäftigung von Kriegs­ge­fangenen noch keine schwere Verletzung, die von den Vertrags­parteien unter Strafe zu stellen ist. In der Beschäftigung von Zwangsarbeitern sowie Kriegs- und Strafgefangenen liegt ebenso wenig ein schwerwiegender Missbrauch der eigenen Stellung durch den Unter­neh­mens­ver­ant­wort­lichen. Dieser Ausschluss­tat­bestand soll diejenigen erfassen, die ihre Befugnisse im Windschatten des Natio­nal­so­zi­a­lismus rechts­miss­bräuchlich ausgenutzt haben. Einen solchen Missbrauch hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht verneint. Schließlich beinhaltet die vom Rechtsvorgänger der Klägerin betriebene Rüstungs­pro­duktion unter Ausnutzung von Zwangsarbeit auch kein erhebliches Vorschubleisten zugunsten des natio­nal­so­zi­a­lis­tischen Systems. Eine Unterstützung nicht spezifisch von der natio­nal­so­zi­a­lis­tischen Ideologie geprägter Bestrebungen, wie etwa des Ziels, den Zweiten Weltkrieg zu gewinnen, genügt hierfür nicht.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 10/07 des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.02.2007

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