21.11.2024
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Dokument-Nr. 308

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Urteil17.03.2005BundesverwaltungsgerichtBVerwG 3 C 20.04
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Bundesverwaltungsgericht Urteil17.03.2005

Keine Ausgleichs­leistung für die Erben des Hitler-Ministers Hugenberg

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat entschieden, dass den Erben von Dr. Alfred Hugenberg keine Ausgleichs­leistung für die entschä­di­gungslose Enteignung seines Gutes zusteht, da er dem natio­nal­so­zi­a­lis­tischen System erheblichen Vorschub geleistet hat (§ 1 Abs. 4 AusglLeistG).

Hugenberg (1865 bis 1951) gründete nach 1916 einen Presse- und Medienkonzern. 1919 wurde er für die Deutsch­na­tionale Volkspartei – DNVP – Mitglied der Natio­na­l­ver­sammlung und war bis 1945 Reichs­tags­ab­ge­ordneter. 1928 übernahm er den Vorsitz der DNVP. Zusammen mit der NSDAP und dem "Front­kämp­ferbund Stahlhelm" gründete er 1931 die "Harzburger Front". Im Januar 1933 wurde Hugenberg Reichsminister für Wirtschaft, Landwirtschaft und Ernährung im Kabinett Hitler. Im Juni 1933 trat er von seinen Minister- und Parteiämtern zurück. Von 1946 bis 1951 befand er sich in britischer Internierung. Im Rahmen der Entna­zi­fi­zierung wurde er 1950 als "Entlasteter" eingestuft.

Eine Rückübertragung des Gutes war 1994 bestandskräftig abgelehnt worden. Den Antrag auf die Gewährung einer Ausgleichs­leistung nach dem Entschädigungs- und Ausgleichs­leis­tungs­gesetz lehnte das Sächsische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen mit Bescheid vom 18. April 2001 ab, da Hugenberg dem natio­nal­so­zi­a­lis­tischen System erheblichen Vorschub geleistet habe. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwal­tungs­gericht Dresden abgewiesen.

Die Revision der Klägerin, einer aus den Erben Hugenbergs bestehenden Gesellschaft, blieb erfolglos. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat bestätigt, dass in Bezug auf Hugenberg die Voraussetzungen für einen Anspruchs­aus­schluss nach § 1 Abs. 4 AusglLeistG vorliegen. Nach dieser Regelung wird eine Ausgleichs­leistung für eine entschä­di­gungslose Enteignung auf besat­zungs­ho­heit­licher Grundlage unter anderem dann nicht gewährt, wenn derjenige, von dem der Anspruchsteller seine Rechte ableitet, dem natio­nal­so­zi­a­lis­tischen System erheblichen Vorschub geleistet hat.

Ein erhebliches Vorschubleisten im Sinne von § 1 Abs. 4 AusglLeistG ist bereits in der Phase der Errichtung des natio­nal­so­zi­a­lis­tischen Systems möglich und nicht erst nach dessen Etablierung. Voraussetzung für einen Anspruchs­aus­schluss ist in objektiver Hinsicht, dass nicht nur gelegentlich oder beiläufig, sondern mit einer gewissen Stetigkeit Handlungen vorgenommen wurden, die dazu geeignet waren, die Bedingungen für die Errichtung, die Entwicklung oder die Ausbreitung des natio­nal­so­zi­a­lis­tischen Systems zu verbessern oder Widerstand zu unterdrücken, und dies auch zum Ergebnis hatten. Der Nutzen, den das Regime aus dem Handeln gezogen hat, darf nicht nur ganz unbedeutend gewesen sein. Die subjektiven Voraussetzungen des Ausschluss­tat­be­standes sind erfüllt, wenn die betreffende Person dabei in dem Bewusstsein gehandelt hat, ihr Verhalten könne diesen Erfolg haben. Die Einstufung als "Entlasteter" im Rahmen der Entna­zi­fi­zierung ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.

Ein solches erhebliches Vorschubleisten zugunsten des natio­nal­so­zi­a­lis­tischen Systems ist auf der Grundlage der vom Verwal­tungs­gericht getroffenen Feststellungen sowie allge­mein­kundiger Erkenntnisse zu den Umständen der natio­nal­so­zi­a­lis­tischen Machtergreifung bei Hugenberg anzunehmen. Durch die auf Hugenberg zurückgehende Aufnahme der NSDAP in das Bündnis gegen den Young-Plan und deren Einbeziehung in die "Harzburger Front" stieg das Ansehen der NSDAP in der Bevölkerung, Hitler wurde "salonfähig". 1933 entschloss sich Hugenberg als bekannter und einflussreicher Politiker, Minister im Kabinett Hitler zu werden. Ohne Mitwirkung Hugenbergs wäre Hitler nicht zum Reichskanzler ernannt worden. In die Zeit der Regie­rungs­be­tei­ligung Hugenbergs fallen außerdem wichtige von ihm mitgetragene Rechtsakte, die wesentlich zur Errichtung des natio­nal­so­zi­a­lis­tischen Systems beigetragen haben, wie etwa das Ermäch­ti­gungs­gesetz.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 14/2005 des BVerwG vom 17.03.2005

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