Der ehemalige stellvertretende Generalinspekteur der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis hatte im Oktober 2005 unbefugterweise vertrauliche Informationen über den Stand von disziplinaren Vorermittlungen gegen studierende Offiziere aus seinem Befehlsbereich dem dienstlich damit nicht befassten stellvertretenden Inspekteur des Heeres auf dessen Wunsch zur Verfügung gestellt, der Vater eines dieser Studenten war. Dieser wiederum hatte diese Informationen und Unterlagen, darunter einen Vermerk des ermittelnden Wehrdisziplinaranwalts mit den Kennzeichnungen "Nicht zu den Akten! Information für die Amtsführung" sowie "Persönlich! Personalangelegenheit!", an seinen Sohn weitergegeben.
Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass es sich bei den weitergegebenen Informationen und Unterlagen weder um "Mitteilungen im dienstlichen Verkehr" noch um "offenkundige Tatsachen" handelte. Sie waren auch nicht als Tatsachen zu qualifizieren, die "ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen". Denn Disziplinarsachen genießen sowohl im persönlich-privaten Interesse des betroffenen Soldaten als auch im dienstlichen Interesse einen besonderen Vertraulichkeitsschutz. Die dabei anfallenden personenbezogenen Daten sind durch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung besonders geschützt. Sie dürfen nur auf gesetzlicher Grundlage unter strikter Beachtung der Schutzwirkungen dieses Grundrechts offenbart werden.
Beide Generäle konnten sich bei der Weitergabe der Informationen und Unterlagen auch weder auf den gewohnheitsrechtlich anerkannten Rechtfertigungsgrund der mutmaßlichen Einwilligung der durch die Weitergabe der geschützten Daten verletzten Soldaten noch auf eine Pflichtenkollision berufen. Das geltende Recht eröffnet auch einem Bundeswehrgeneral keinen Anspruch darauf, dass ein Kamerad ihm unter Verstoß gegen gesetzliche Verschwiegenheitspflicht Beistand leistet.
Ein für die beiden Bundeswehrgeneräle unvermeidbarer Verbotsirrtum lag nicht vor. Bei ihnen als langjährigen Berufsoffizieren mit großen Erfahrungen auch als Disziplinarvorgesetzte hätten sich Zweifel an ihrem Vorgehen regen müssen. Diese hätten sie gegebenenfalls durch Einholung von qualifiziertem Rechtsrat klären müssen. Dies haben sie jedoch unterlassen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.05.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 24/07 des BVerwG vom 26.04.2007