Dokument-Nr. 378
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Bundesverwaltungsgericht Urteil12.04.2005
Kein Aufenthaltsrecht nach Assoziationsrecht EG/Türkei bei Scheinehe
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden, dass ein türkischer Arbeitnehmer im Falle einer durch Täuschung erlangten Aufenthaltserlaubnis kein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsratsbeschluss EG/Türkei erwirbt (Art. 6 ARB 1/80). Dabei ist unerheblich, ob er wegen seines Verhaltens bestraft wurde und ob frühere Aufenthaltserlaubnisse zurückgenommen wurden.
Der Kläger, ein 1960 geborener türkischer Staatsangehöriger, heiratete im Januar 1992 in London eine damals 21-jährige Deutsche. Einige Monate später reiste er nach Deutschland ein. In der Folgezeit erhielt er zum Zweck der Eheführung mehrfach befristete Aufenthaltserlaubnisse und 1997 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Diese sowie die 1995 erteilte befristete Erlaubnis nahm die Beklagte im Januar 2001 zurück und drohte dem Kläger die Abschiebung in die Türkei an. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe die Ausländerbehörde arglistig über das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft getäuscht. Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschied nach Anhörung mehrerer Zeugen, die Rücknahme sei zu Recht erfolgt. Die – inzwischen geschiedene – Ehefrau des Klägers sei mit diesem gegen Zahlung von 5 000 DM eine so genannte Scheinehe eingegangen, um ihm den Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen. Beide Ehepartner seien aber von Anfang an getrennte Wege gegangen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Es hat entschieden, dass die Aufenthaltserlaubnisse zurückgenommen werden durften, weil nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht bestanden hat. Der Kläger hat auch aufgrund seiner Beschäftigung als Arbeitnehmer kein Aufenthaltsrecht nach höherrangigem Assoziationsrecht EG/Türkei erworben, das der Rücknahme der Aufenthaltserlaubnisse entgegenstünde. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in Luxemburg (EuGH) fehlt es an der erforderlichen ordnungsgemäßen Beschäftigung im Sinne des Art. 6 ARB 1/80, wenn der türkische Arbeitnehmer wie hier seine Aufenthaltserlaubnis durch Täuschung erwirkt hat. Dies gilt nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts unabhängig davon, ob der Täuschende wegen seines Verhaltens bestraft worden ist. Unerheblich ist deshalb auch, dass der Kläger von dem Vorwurf des Verstoßes gegen ausländerrechtliche Bestimmungen freigesprochen wurde, nachdem seine Ehefrau im Strafverfahren die Aussage verweigert hatte. Der Kläger kann sich schließlich nicht darauf berufen, dass die ersten beiden Aufenthaltserlaubnisse nicht zurückgenommen worden sind. Da er diese ebenfalls durch Täuschung erlangt hat, konnten sie keine ordnungsgemäße Beschäftigung im Sinne des Assoziationsrechts EG/Türkei begründen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.04.2005
Quelle: Pressemitteilung Nr. 19/2005 des BVerwG vom 12.04.2005
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