14.11.2024
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Dokument-Nr. 232

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Entscheidung22.02.2005BundesverwaltungsgerichtBVerwG 1 C 17.03
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Bundesverwaltungsgericht Entscheidung22.02.2005

Familienasyl nur bei staatlich anerkannter Ehe

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in Leipzig hatte darüber zu entscheiden, ob eine nur nach religiösem Ritus geschlossene Ehe, die der Heimatstaat nicht als gültig anerkennt, zumindest ausnahmsweise einen Anspruch auf Familienasyl nach § 26 Abs. 1 des Asylver­fah­rens­ge­setzes vermitteln kann.

Die Klägerin ist eine staatenlose Kurdin jezidischen Glaubens aus Syrien, die in Deutschland Asyl beantragte. Zur Begründung ihrer Asylklage machte sie u.a. geltend, ihr Ehemann, mit dem sie drei Kinder hat, sei in Deutschland als Asylbe­rech­tigter anerkannt. Sie habe ihren Mann in Syrien nach jezidischem (religiösem) Ritus geheiratet. Der syrische Staat erkenne eine solche religiöse Ehe bei Angehörigen der jezidischen Glaubens­ge­mein­schaft aber nicht an. Staatenlose Kurden könnten in Syrien überhaupt nicht wirksam heiraten. Das Verwal­tungs­gericht hat ihr Familienasyl zuerkannt und der Klage stattgegeben. Das Oberver­wal­tungs­gericht Lüneburg hat die Klage abgewiesen. Es hat dies damit begründet, dass die Klägerin auch dann kein Asyl erhalten könne, wenn man ihren Vortrag als wahr unterstelle. Einen Anspruch auf Familienasyl als Ehegatte eines Asylbe­rech­tigten habe nur, wer eine nach dem Recht des Heimatstaates wirksame Ehe eingegangen sei. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Asyl wegen eigener Verfolgung. Die Nicht­a­n­er­kennung einer jezidischen Heirat und die Versagung einer Zivilehe seien angesichts der geringen Bedeutung, die einer staatlich anerkannten Ehe in Syrien tatsächlich zukomme, keine politische Verfolgung im Sinne des Asylrechts.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Es hat die Auffassung des Oberver­wal­tungs­ge­richts und die bisherige Rechtsprechung bestätigt, dass Ehegatten von anerkannten Asylbe­rech­tigten nur dann im Wege des sog. Familienasyls ebenfalls Asyl erhalten können, wenn die im Heimatland geschlossene Ehe dort staatlich anerkannt ist. Eine nur nach religiösem Ritus geschlossene Ehe, die der Heimatstaat nicht anerkennt, ist nicht geeignet, einen Anspruch auf Familienasyl zu vermitteln. Dies gilt auch, falls der Heimatstaat – wie die Klägerin behauptet – der religiösen Heirat die Anerkennung nur bei einer bestimmten (hier: der jezidischen) Religion versagt oder davon abhängig macht, dass die Eheleute sich vor dem Standesbeamten unter Verleugnung ihrer jezidischen Religi­o­ns­zu­ge­hö­rigkeit als Moslems bezeichnen. Der Zwang zur Verleugnung des eigenen Glaubens vor staatlichen Stellen ist ein Eingriff in den asylrechtlich geschützten Kernbereich der Religi­o­ns­freiheit. Die Klägerin hätte deshalb entgegen der Ansicht des Oberver­wal­tungs­ge­richts einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte wegen eigener politischer Verfolgung aufgrund ihrer Religion haben können, wenn ihre Behauptungen zuträfen. Die Abweisung ihrer Klage erweist sich aber im Ergebnis gleichwohl ohne weitere Aufklärung der tatsächlichen Praxis in Syrien als richtig. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat nämlich bindend festgestellt, dass die Klägerin wie alle staatenlosen Kurden, die Syrien illegal verlassen, nicht mehr nach Syrien zurückkehren kann und dass dieses Rückkehrverbot nicht auf politischen Gründen beruht. Dann aber ist Syrien nach der ständigen Rechtsprechung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts nicht mehr der Staat des gewöhnlichen Aufenthalts der Klägerin und damit nicht mehr Verfolgerstaat im Sinne des Asylrechts. Die Klägerin kann deshalb nicht als Asylberechtigte anerkannt werden.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 7/2005 des BVerwG vom 22.02.2005

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