15.11.2024
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Dokument-Nr. 9984

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Bundesverwaltungsgericht Urteil21.07.2010

Wehrübende Ärzte erhalten Betrie­bs­aus­ga­be­n­er­stattung nach dem Unter­halts­si­che­rungs­gesetz nur bei ruhender PraxisTätigkeiten der Arzthelferinnen in Abwesen­heitszeit stellen erwerbsbezogene Arbeiten dar

Leistet ein selbständig tätiger Arzt eine Wehrübung ab, kann er eine Erstattung der Betrie­bs­ausgaben, die für seine Praxis während der Zeit seiner Abwesenheit anfallen, nach dem Unter­halts­si­che­rungs­gesetz (USG) nur dann verlangen, wenn in dieser Zeit in der Praxis keinerlei erwerbsbezogene Tätigkeiten verrichtet werden. Dies entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ist Facharzt für Orthopädie und Oberstabsarzt der Reserve aus Oldenburg. Im Februar 2005 wurde er zu einer zehntägigen Wehrübung eingezogen. Er übte seinen Beruf zu dieser Zeit in einer Praxis­ge­mein­schaft mit einer Berufskollegin aus. Die Sach- und Personalkosten wurden anteilig getragen. Das nichtärztliche Praxispersonal stand beiden auf eigene Rechnung arbeitenden Ärzten zur Verfügung. Der Kläger hatte für die Zeit der Wehrübung keine Ersatzkraft für seine Praxis gefunden. Während dieser Zeit waren die Räume der Praxis­ge­mein­schaft an einem Arbeitstag vollständig geschlossen. An den übrigen fünf Arbeitstagen arbeiteten die angestellten Arzthelferinnen für die Kollegin des Klägers. Für diesen waren sie insoweit tätig, als sie für Anfragen seiner Patienten zur Verfügung standen, Behand­lungs­termine für die Zeit nach der Wehrübung vergaben sowie Notfälle und sonstige Patienten, die in der fraglichen Zeit eine ärztliche Leistung des Klägers in Anspruch nehmen wollten, an dessen Kollegin verwiesen.

Landkreis gewährte Entschädigung nur für einen Wehrübungstag

Der beklagte Landkreis als zuständige Unter­halts­si­che­rungs­behörde gewährte dem Kläger nach § 13 a Abs. 3 USG eine Entschädigung entfallender Einkünfte und Erstattung anteilig entstandener Betriebsausgaben nur für einen Wehrübungstag, an dem die Räume der Praxis­ge­mein­schaft vollständig geschlossen waren. Für die übrige Zeit bewilligte der Landkreis die beantragte Verdien­st­aus­fa­l­l­ent­schä­digung im Wege des Härteausgleichs nach § 23 Abs. 1 USG.

Praxis wurde durch Tätigkeit der Arzthelferinnen fortgeführt

Der Klage, mit der der Kläger sein Begehren auf Erstattung der Betrie­bs­ausgaben weiterverfolgte, hat das Verwal­tungs­gericht Oldenburg mit der Begründung stattgegeben, die Praxis des Klägers habe im Sinne des § 13 a Abs. 3 USG während der Wehrübungszeit geruht, denn sie habe nur in unerheblichem Umfang weiter funktioniert und zu keinen nennenswerten Einkünften geführt. Auf die Berufung des beklagten Landkreises hat das Oberver­wal­tungs­gericht Lüneburg das erstin­sta­nzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, die Praxis sei dadurch im Sinne des § 13 a Abs. 3 USG fortgeführt worden, dass dem Kläger während seiner nur kurzen Abwesenheit durch die Tätigkeit der Arzthelferinnen sein Patientenstamm erhalten geblieben sei und ihm auch neue Patienten nicht verloren gegangen seien.

Entfallende Einkünfte und entstandene Betrie­bs­ausgaben können nur bei ruhendem Betrieb erstattet werden

Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Nach § 13 a Abs. 3 USG können entfallende Einkünfte nur entschädigt und entstandene Betrie­bs­ausgaben nur erstattet werden, wenn der Betrieb oder die Praxis ruhen, also auf ihr weiteres Funktionieren gerichtete erwerbsbezogene Arbeiten nicht ausgeführt werden. In dem zu entscheidenden Fall wiesen die Tätigkeiten der Arzthelferinnen jedoch einen solchen Erwerbsbezug auf. Vor diesem Hintergrund liegt in der Nichterstattung der Betrie­bs­ausgaben auch keine besondere Härte im Sinne des § 23 Abs. 1 USG.

Erläuterungen
§ 13 a Abs. 3 USG lautet:

Ist eine Fortführung des Betriebs oder der selbstständigen Tätigkeit nach Abs. 2 aus Gründen, die der Wehrpflichtige nicht zu vertreten hat, nicht möglich mit der Folge, dass die betriebliche oder selbstständige Tätigkeit während des Wehrdienstes ruht, erhält der Wehrpflichtige für die ihm entfallenden Einkünfte eine Entschädigung. So beträgt für jeden Wehrdiensttag 1/260 der Summe der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes, die sich aus dem letzten Einkom­men­steu­er­be­scheid ergibt, höchstens jedoch 307 Euro. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Daneben werden dem Wehrpflichtigen die Miete für die Berufsstätte sowie die sonstigen Betrie­bs­ausgaben im Sinne des Einkom­men­steu­er­ge­setzes erstattet, sofern entsprechende laufende Zahlungs­ver­pflich­tungen für die Dauer des Wehrdienstes bestehen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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