21.11.2024
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Dokument-Nr. 32407

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Bundesverwaltungsgericht Urteil29.11.2022

Wählbarkeit von Personen mit Migrations­hintergrund zu einem Integra­ti­o­ns­beirat darf nicht von gesichertem Aufent­haltsrecht abhängenWählbarkeits­beschränkung wegen Verletzung des Grundrechts auf Gleich­be­handlung unwirksam

Das Ziel, eine kontinuierliche Mitwirkung im Integra­ti­o­ns­beirat zu gewährleisten, rechtfertigt es nicht, die Wählbarkeit von Personen mit Migrations­hintergrund von einem gesicherten Aufent­haltsrecht abhängig zu machen. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Im Oktober 2015 bildete der Landkreis Leipzig einen Integrationsbeirat. Nach der dazu erlassenen Vorschrift gehörten zu den zu wählenden Mitgliedern unter anderem zwei im Landkreis lebende Personen mit Migrationshintergrund. Im September 2018 wurde die Vorschrift dahin geändert, dass zum Integra­ti­o­ns­beirat drei Einwohner mit Migra­ti­o­ns­hin­tergrund zu wählen sind, die über die deutsche Staats­an­ge­hö­rigkeit oder ein gesichertes Aufent­haltsrecht verfügen, nämlich eine Aufenthalts- oder Nieder­las­sungs­er­laubnis oder eine unions­rechtliche Freizü­gig­keits­be­rech­tigung. Der Aufenthalt der im Landkreis wohnenden Antragsteller wird seit vielen Jahren geduldet.

OVG: Einschränkung der Wählbarkeit zum Integra­ti­o­ns­beirat nicht zu beanstanden

Das Oberver­wal­tungs­gericht hat ihren Normen­kon­trol­lantrag gegen die Einschränkung der Wählbarkeit zum Integra­ti­o­ns­beirat abgelehnt. Die Benachteiligung von Personen ohne gesichertes Aufent­haltsrecht sei am Willkürverbot zu messen. Sie sei nicht zu beanstanden, weil bei Ausländern ohne gesichertes Aufent­haltsrecht grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden könne, dass sie mittel- oder längerfristige Vorhaben der Integra­ti­o­ns­arbeit begleiten könnten.

Beschränkung der Wählbarkeit verletzt Grundrecht auf Gleich­be­handlung

Die Revision der Antragsteller hatte Erfolg. Die Beschränkung der Wählbarkeit zum Integra­ti­o­ns­beirat verletzt das Grundrecht auf Gleich­be­handlung und ist deshalb unwirksam. Sie ist nicht nur am Willkürverbot, sondern am strengeren Maßstab des Verhält­nis­mä­ßig­keits­prinzips zu messen, weil sie an ein für die Betroffenen kaum zu beeinflussendes Merkmal - den rechtlichen Aufent­halts­status - anknüpft. Die angegriffene Regelung benachteiligt Personen mit Migra­ti­o­ns­hin­tergrund, die über kein gesichertes Aufent­haltsrecht verfügen. Sie dient zwar einem verfas­sungs­rechtlich legitimen Zweck, weil sie darauf zielt, eine kontinuierliche Mitwirkung der Gewählten im Beirat zu sichern.

Unter­schei­dungs­kri­terium des gesicherten Aufent­halts­rechts ungeeignet

Das Unter­schei­dungs­kri­terium des gesicherten Aufent­halts­rechts ist aber nicht geeignet, dieses Ziel zu verwirklichen, weil es keine Rückschlüsse auf die voraus­sichtliche Dauer des Aufenthalts im Landkreis erlaubt. Für die Aufent­haltsdauer wesentliche rechtliche Möglichkeiten zur Verlängerung und Verfestigung des Aufenthalts werden ausgeblendet. Gleiches gilt für die tatsächlichen Umstände des Aufenthalts. So kann sich bei einer Duldung zu Ausbil­dungs­zwecken oder wegen eines langjährigen Kriegs oder Bürgerkriegs im Herkunftsstaat ebenfalls eine voraussichtlich längere Aufent­haltsdauer ergeben.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online pm/ab)

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