15.11.2024
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Dokument-Nr. 2161

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Urteil16.03.2006Bundesverwaltungsgericht7 C 3.05
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Bundesverwaltungsgericht Urteil16.03.2006

Gesamt­rechts­nach­folger haften für vom Rechtsvorgänger verursachte Verun­rei­ni­gungen

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat entschieden, dass ein Gesamt­rechts­nach­folger auch für schädliche Boden­ver­än­de­rungen und Altlasten haftet, die von seinen Rechts­vor­gängern durch unerlaubte Ablagerungen verursacht worden sind.

Die Klägerin ist aus der Verschmelzung zweier Aktien­ge­sell­schaften im Jahre 1972 hervorgegangen. Ihre Rechtsvorgänger bauten seit 1923/24 im Markgräflerland Kalirohsalze ab. Bei der Kaliproduktion anfallende Reststoffe wurden auf eine Halde abgelagert, die bis zur Stilllegung des Bergwerks im Jahre 1973 eine Ausdehnung von 3,6 ha mit einer Höhe bis zu 40 m erreichte. Bereits seit Ende der 1950er Jahre war den Behörden die Verunreinigung des Grundwassers bekannt. Untersuchungen des Grundwassers in den Jahren 1988 bis 1993 ergaben eine deutliche Überschreitung der Grenzwerte der Trink­was­ser­ver­ordnung für Chlorid, Natrium und Kalium. Im März 1999 verpflichtete das beklagte Land die Klägerin, eine Sanie­rungs­planung in Auftrag zu geben und eine Grund­was­ser­mess­stelle im Abstrom der Halde periodisch zu beproben. Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg hob im Berufungs­ver­fahren die angegriffenen Bescheide auf, weil der Klägerin die Verursachung der Altlast durch ihre Rechtsvorgänger nicht als Gesamt­rechts­nach­folgerin zugerechnet werden könne.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat der Revision des beklagten Landes stattgegeben. Die Sanie­rungs­pflicht des Gesamt­rechts­nach­folgers des Verursachers von schädlichen Boden­ver­un­rei­ni­gungen oder Altlasten ist nicht zu beanstanden. Die Erstreckung dieser Pflicht auf Gesamt­rechts­nach­fol­ge­tat­be­stände, die vor Inkrafttreten des Bundes-Boden­schutz­ge­setzes (BBodSchG) eingetreten sind, führt nicht zu einer verfas­sungs­rechtlich unzulässigen Rückwirkung. Die Überg­angs­fä­higkeit öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht höchst­per­sön­licher Natur sind, auf den Gesamt­rechts­nach­folger ist in der Rechtsprechung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts seit Anfang der 1970er Jahre anerkannt. Zur abweichenden Beurteilung der Gesamt­rechts­nachfolge in gesetzlich bestimmte Pflichten, die noch nicht durch einen entsprechenden Verwaltungsakt konkretisiert worden sind, besteht kein Grund. Eine gesetzliche Regelung, die den Übergang abstrakter Polizeipflichten auf den Gesamt­rechts­nach­folger ausschließt, bestand zu keinem Zeitpunkt. Die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des Verwal­tungs­rechts auf die Gesamt­rechts­nachfolge in die Verhal­tens­ver­ant­wort­lichkeit des Verursachers war in der Rechtsprechung der Verwal­tungs­ge­richtshöfe und der Oberver­wal­tungs­ge­richte der Länder uneinheitlich. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat nunmehr entschieden, dass § 4 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 BBodSchG auch auf Anfang der 1970er Jahre abgeschlossene Gesamt­rechts­nach­fol­ge­tat­be­stände Anwendung findet, da mit dieser neuen Regelung die alte Rechtslage lediglich fortgeschrieben wird. Ob sich die Rechtsvorgänger der Klägerin polizeiwidrig verhalten haben, konnte das Bundes­ver­wal­tungs­gericht mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen des Verwal­tungs­ge­richtshofs nicht entscheiden. Die Sache musste daher zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen werden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 18/06 des BVerwG vom 16.03.2006

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