21.11.2024
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Dokument-Nr. 1107

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Bundesverwaltungsgericht Urteil20.10.2005

Einzubürgernde müssen deutsch sprechen und lesen könnenBundes­ver­wal­tungs­gericht zu den Anforderungen von Deutsch­kennt­nissen bei Einbür­ge­rungs­be­werbern

Ausländer müssen eingebürgert werden, auch wenn sie nicht Deutsch schreiben können. Das entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht. Schriftliche Kenntnisse seien nicht zwingend. Es reiche aus, wenn der Einzubürgernde einen deutsch­spra­chigen Text des täglichen Lebens lesen und das von anderen Geschriebene auf Richtigkeit überprüfen könne.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in Leipzig hat über die Einbür­ge­rungs­be­gehren zweier seit 20 bzw. 27 Jahren in Deutschland lebender und arbeitender Ausländer entschieden, deren Klagen in der Vorinstanz allein am Fehlen hinreichender deutscher Sprach­kenntnisse gescheitert waren. Das Staats­an­ge­hö­rig­keits­gesetz macht die Anspruch­s­ein­bür­gerung u.a. von "ausreichenden Kenntnissen der deutschen Sprache" abhängig. Beide Kläger können zwar Deutsch sprechen, der eine kann aber weder lesen noch schreiben und der andere kann Deutsch zwar lesen, aber nicht selbst schreiben. Ihr Anspruch auf Einbürgerung hängt davon ab, ob und in welchem Umfang Kenntnisse auch der deutschen Schriftsprache vorliegen müssen.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht bekräftigt, dass eine Integration in die deutschen Lebens­ver­hältnisse Sprach­kenntnisse voraussetzt. Im Hinblick darauf, dass das Staats­an­ge­hö­rig­keits­gesetz – anders als z.B. das Bundes­ver­trie­be­nen­gesetz für die Spätaus­sied­le­rei­gen­schaft – nicht die Fähigkeit zu einem "einfachen Gespräch auf Deutsch" genügen lässt, verlangt es für die Anspruch­s­ein­bür­gerung neben mündlichen grundsätzlich auch gewisse Kenntnisse der deutschen Schriftsprache. Es reicht aber aus, wenn der Ausländer im familiär-persönlichen und im geschäftlichen Umfeld sowie im Umgang mit Behörden und Ämtern schriftlich verkehren kann. Der Einbür­ge­rungs­be­werber muss sich hierfür jedoch nicht eigenhändig schriftlich ausdrücken können. Wenn ein Einbür­ge­rungs­be­werber nicht selbst deutsch schreiben kann, reicht es aus, wenn er einen deutsch­spra­chigen Text des täglichen Lebens lesen und deutsch diktieren sowie das von Dritten oder mit technischen Hilfsmitteln Geschriebene auf seine Richtigkeit überprüfen kann und somit die schriftliche Äußerung als seine "trägt".

Diese Voraussetzungen hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in einem der beiden Fälle bejaht. In dem Fall des Analphabeten blieb das Klagebegehren nach diesen Maßstäben erfolglos. Nicht zu entscheiden war in diesem Fall, unter welchen Voraussetzungen eine Einbür­ge­rungs­behörde bei einer Ermes­sen­s­ein­bür­gerung von Kenntnissen der deutschen Schriftsprache absehen darf oder muss; die hierfür zuständige Behörde war nicht am Verfahren beteiligt.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 52/05 des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.10.2005

der Leitsatz

1. Für eine Anspruch­s­ein­bür­gerung nach § 10 StAG "ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache" i.S.d. § 11 StAG erfordern neben mündlichen grundsätzlich auch gewisse schriftliche Kenntnisse der deutschen Sprache.

2. Der Einbür­ge­rungs­be­werber muss sich nicht eigenhändig schriftlich ausdrücken können.

3. Ein Einbür­ge­rungs­be­werber, der selbst nicht deutsch schreiben kann, muss deutsch­sprachige Texte des täglichen Lebens lesen und diktieren sowie das von Dritten mit technischen Hilfsmitteln Geschriebene auf seine Richtigkeit überprüfen und so die schriftliche Äußerung als seine "tragen" können.

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