22.11.2024
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Dokument-Nr. 4032

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Bundesverwaltungsgericht Urteil29.03.2007

Kein Anspruch auf Einbürgerung bei straf­ge­richt­licher Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus

Ein Anspruch auf Einbürgerung nach achtjährigem rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland (gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Staats­an­ge­hö­rig­keits­gesetz – StAG –) kann auch dann ausgeschlossen sein, wenn der Ausländer wegen einer von ihm begangenen rechtswidrigen Tat mangels Schuldfähigkeit zwar nicht bestraft, gegen ihn aber die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (als eine Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 63 Strafgesetzbuch - StGB -) angeordnet worden ist. Das hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entschieden.

Der Kläger des einen Verfahrens ist ein türkischer Staats­an­ge­höriger, der seit 1973 – mit Unterbrechung von 1983 bis 1990 – bei seinen Eltern in Deutschland lebt. Er beantragte Anfang 2001 seine Einbürgerung. Der Antrag wurde abgelehnt, weil das Landgericht Hamburg im Februar 1998 die Unterbringung des Klägers in einem psychiatrischen Krankenhaus als Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 63 StGB angeordnet hatte. Der Kläger hatte im Juli 1997 einer jungen Frau mit einem Messer Stichwunden beigebracht. Nach den Feststellungen des Landgerichts geschah die Tat, die als gefährliche Körper­ver­letzung beurteilt wurde, im Zustand einer schuld­auf­he­benden endogenen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis. Bereits im Januar 1999 wurde der Kläger aus dem psychiatrischen Krankenhaus wieder entlassen. Das Verwal­tungs­gericht Würzburg gab seiner Klage statt, der Verwal­tungs­ge­richtshof München wies die Klage ab.

Der Kläger des anderen Verfahrens, der seit 1993 in Deutschland lebt, wurde im August 1997 als Asylbe­rech­tigter anerkannt und hat seither eine unbefristete Aufent­halt­s­er­laubnis. Er beantragte Anfang 2001 seine Einbürgerung. Der Antrag wurde abgelehnt, weil das Landgericht Mannheim im Dezember 1999 die Unterbringung des Klägers in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hatte. Der Kläger litt nach den Feststellungen des Landgerichts spätestens seit Anfang 1998 an wahnhaften Verfol­gungsideen. Unter dem Einfluss dieser Krankheit hatte er im März 1998 in einem Männerwohnheim einen Heimbetreuer mit Reizgas angegriffen und ihn mit der Faust zu Boden geschlagen; nach dem Eingreifen von Polizeibeamten beleidigte er eine Beamtin. Das Landgericht ging davon aus, dass der Kläger wegen einer krankhaften seelischen Störung schuldunfähig gewesen sei. Die Vollstreckung der Maßregel wurde entsprechend der Empfehlung des Sachver­ständigen zur Bewährung ausgesetzt. Widerspruch, Klage und Berufung vor dem Verwal­tungs­ge­richtshof Mannheim blieben erfolglos.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Auffassung des Verwal­tungs­ge­richtshofs München und des Verwal­tungs­ge­richtshofs Mannheim insoweit bestätigt, als auch die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus als Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 63 StGB von dem Begriff der „Verurteilung wegen einer Straftat" im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG umfasst wird. Der Ausländer hat daher in einem solchen Fall ebenso wie ein Straftäter grundsätzlich keinen Anspruch auf Einbürgerung, wenn er mangels Schuldfähigkeit nicht zu einer Strafe verurteilt, gegen ihn aber – im Hinblick auf seine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit - die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden ist. Ausnahmsweise kann aber auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung – ebenso wie nach dem Gesetz die Verurteilung zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe – außer Betracht bleiben. Darüber hat die Staats­an­ge­hö­rig­keits­behörde (entsprechend § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG) im Einzelfall nach ihrem Ermessen zu entscheiden. In dem ersten Fall ist diese Ermes­sen­s­ent­scheidung fehlerfrei zu Lasten des Klägers getroffen worden; das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat deshalb seine Revision zurückgewiesen.

In dem zweiten Fall ist dagegen bisher eine solche Ermes­sen­s­ent­scheidung unterblieben; in diesem Verfahren hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht das beklagte Land zu einer erneuten Entscheidung über den Antrag des Klägers verpflichtet.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 19/07 des BVerwG vom 29.03.2007

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