Dokument-Nr. 10125
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- Verwaltungsgericht Schleswig, Urteil22.09.2008, 15 A 70/08
- Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein, Urteil27.04.2009, 2 LB 7/09
Bundesverwaltungsgericht Urteil19.08.2010
Heranziehung zu Kostenbeiträgen in der Jugendhilfe muss den unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt belassenDie Begrenzung eines angemessenen Kostenbeitrags soll einen Wertungswiderspruch zum Unterhaltsrecht verhindern
Wenn einem Vater weniger von seinem Einkommen verbleibt, als er nach dem Unterhaltsrecht für sich behalten dürfte, ist die Heranziehung des Vaters zum Kostenbeitrag für seine beiden in Jugendhilfeeinrichtungen untergebrachten Kinder rechtswidrig. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.
Im vorliegenden Rechtsfall wendet sich der Kläger gegen seine Heranziehung zu einem Kostenbeitrag für Jugendhilfemaßnahmen (Heimerziehung), die vom 01.04. bis zum 31.12.2006 für seine 1990 und 1992 geborenen Kinder durchgeführt wurden. Die beklagte Landeshauptstadt Kiel setzte den Kostenbeitrag auf monatlich 440,- € (275,- € für das erste und 165,- € für das zweite Kind) fest. Mit seiner Klage machte der Vater der Kinder geltend, er müsse nicht mehr als (250,- € + 100,- €) 350,- € im Monat bezahlen. Er berief sich insbesondere darauf, dass die Fahrtkosten zu seiner 57 km entfernten Arbeitsstelle als Lagerarbeiter bei der Be- und Entladung von Schiffen in Lübeck nicht richtig angerechnet worden seien.
Verwaltungsgericht gibt der Klage statt
Das Verwaltungsgericht Schleswig hat der Klage stattgegeben. Es hat die Berechnung der berufsbedingten Fahrtkosten entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nach einkommensteuer- oder nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen, sondern nach den für den Kläger insoweit günstigeren unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Oberlandesgerichts vorgenommen. Dem ist das Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein gefolgt.
Kostenbeitragspflichtiger kann nur im angemessenen Umfang herangezogen werden
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidungen der Vorinstanzen im Ergebnis bestätigt und die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Dabei musste es über die streitige Frage der Fahrtkostenabrechnung nicht abschließend entscheiden. Denn die Heranziehung des Klägers zu dem von der Beklagten festgesetzten Kostenbeitrag (monatl. 440,- €) ist unabhängig davon jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil dem Kläger weniger verbleibt, als ihm nach dem Unterhaltsrecht mindestens zu verbleiben hätte. Nach den Unterhaltsrichtlinien betrug der Selbstbehalt für den erwerbstätigen Kläger hier im Jahre 2006 monatl. 890,- €. Da er über ein unterhaltsrechtlich (bereinigtes) Nettoeinkommen von nicht mehr als monatl. 1.192,- € verfügte, hätte er für seine beiden Kinder zusammen nur den Differenzbetrag (302,- €) als monatl. Unterhalt leisten müssen. Der darüber hinausgehend festgesetzte Kostenbeitrag belässt dem Kläger also weniger als den unterhaltsrechtlichen Selbsterhalt. Er ist rechtswidrig, weil die Kostenbeitragspflichtigen aus ihrem Einkommen nur in angemessenem Umfang herangezogen werden dürfe (§ 94 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Achtes Buch Jugendhilfe - SGB VIII). Die Begrenzung auf einen "angemessenen" Kostenbeitrag soll gerade bei den unteren Einkommensgruppen einen Wertungswiderspruch zum Unterhaltsrecht verhindern und dem Unterhaltsverpflichteten so viel belassen, dass er dadurch seine allgemeinen Lebenshaltungskosten bestreiten kann.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.08.2010
Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ ra-online
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