21.11.2024
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Dokument-Nr. 27956

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Urteil10.10.2019Bundesverwaltungsgericht3 C 8.17; 3 C 15.17; 3 C 16.17; 3 C 17.17; 3 C 10.17
Vorinstanz:
  • Vorinstanzen zu BVerwG 3 C 8.17: VG Sigmaringen, 7 K 3134/15 - Urteil vom 28. Juni 2016 - VGH Mannheim, 9 S 1899/16 - Urteil vom 23. März 2017 - Vorinstanz zu BVerwG 3 C 15.17: VG Stuttgart, 4 K 5925/15 - Urteil vom 26. Januar 2017 - Vorinstanz zu BVerwG 3 C 16.17: VG Stuttgart, 4 K 5923/15 - Urteil vom 26. Januar 2017 - Vorinstanz zu BVerwG 3 C 17.17: VG Stuttgart, 4 K 5924/15 - Urteil vom 26. Januar 2017 - Vorinstanzen zu BVerwG 3 C 10.17: VG Karlsruhe, 9 K 1519/13 - Urteil vom 19. März 2015 - VGH Mannheim, 9 S 1034/15 - Urteil vom 23. März 2017 -
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil10.10.2019

Sektorale Heilpraktiker­erlaubnis für ausgebildete Logopäden möglichAusgebildete Logopädin hat Anspruch auf sektorale Heilpraktiker­erlaubnis nach dem Heilprak­ti­ker­gesetz

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass eine ausgebildete Logopädin eine Erlaubnis zur eigen­verant­wort­lichen Ausübung der Heilkunde nach dem Heilprak­ti­ker­gesetz begrenzt auf den Bereich der Logopädie erhalten kann. Für die Erlaub­ni­s­er­teilung muss sie sich einer eingeschränkten Kennt­nis­über­prüfung unterziehen.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin ist ausgebildete Logopädin mit eigener Praxis in Baden-Württemberg. Im März 2015 beantragte sie die Erteilung einer auf das Gebiet der Logopädie beschränkten (sektoralen) Heilpraktikererlaubnis. Das beklagte Land lehnte dies ab, weil die Erlaubnis grundsätzlich nur unbeschränkt erteilt werden könne. Soweit eine Ausnahme in Betracht komme, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet ausüben wolle, lägen diese Voraussetzungen hier nicht vor.

VG bejaht sektoralen Heilprak­ti­ker­er­laubnis für Gebiet der Logopädie

Das Verwal­tungs­gericht Sigmaringen hat die Voraussetzungen einer sektoralen Heilprak­ti­ker­er­laubnis für das Gebiet der Logopädie bejaht und den Beklagten verpflichtet, über den Antrag der Klägerin erneut zu entscheiden. Die Berufung des Beklagten vor dem Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg ist ohne Erfolg geblieben.

Begrenzte Heilprak­ti­ker­er­laubnis für Logopädie möglich

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat auch die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die Klägerin eine auf das Gebiet der Logopädie begrenzte Heilprak­ti­ker­er­laubnis erhalten kann, sie sich dafür allerdings einer auf die beabsichtigte sektorale Heilkun­de­ausübung zugeschnittenen Kennt­nis­über­prüfung unterziehen muss. Der Gesund­heits­fachberuf des Logopäden ist auf eine Kranken­be­handlung nach ärztlicher Verordnung ausgerichtet. Die Ausbildung zum Logopäden berechtigt nicht zur eigen­ver­ant­wort­lichen Ausübung der Heilkunde. Die gesetzliche Fixierung des Berufsbildes steht andererseits einer eigen­ver­ant­wort­lichen Ausübung der Heilkunde mit den Mitteln der Logopädie nicht entgegen, wenn die Voraussetzungen des Heilprak­ti­ker­ge­setzes für die Erteilung einer Erlaubnis erfüllt sind.

Klägerin kann nicht auf Erwerb einer unein­ge­schränkten Heilprak­ti­ker­er­laubnis verwiesen werden

Diese Erlaubnis kann bei ausgebildeten Logopäden auf ihr Fachgebiet beschränkt werden. Es ist im Lichte der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht gerechtfertigt, die Klägerin auf den Erwerb einer unein­ge­schränkten Heilprak­ti­ker­er­laubnis und damit auf eine umfassende Kennt­nis­über­prüfung zu verweisen, wenn sie nur auf dem abgrenzbaren Gebiet der Logopädie heilkundlich tätig werden will. Die nach dem Heilprak­ti­kerrecht zum Schutz vor Gesund­heits­ge­fahren vorgeschriebene Kennt­nis­über­prüfung ist auf solche Kenntnisse und Fähigkeiten zu beschränken, die zur eigen­ver­ant­wort­lichen Anwendung von Logopädie erforderlich und nicht bereits durch die Berufs­aus­bildung vermittelt worden sind.

Revision Paral­lel­ver­fahren erfolgreich

Im Paral­lel­ver­fahren einer Klägerin, die eine sektorale Heilprak­ti­ker­er­laubnis für den Bereich der Ergotherapie erstrebt, hat die Revision des Beklagten Erfolg gehabt. Die Vorinstanzen hatten den Beklagten zur Neubescheidung des Antrags der Klägerin verpflichtet. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat das angefochtene Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg zurückverwiesen. Die Ausübung der Heilkunde i.S.d. Heilprak­ti­ker­ge­setzes umfasst jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen. Wegen der mit dem Erlaubniszwang verbundenen Beschränkung der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG fallen darunter regelmäßig nur solche Heilbe­hand­lungen, die heilkundliche Fachkenntnisse erfordern und nennenswerte gesundheitliche Schäden verursachen können. Der Beklagte hat die berufungs­ge­richt­lichen Feststellungen dazu, dass die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung von Ergotherapie ohne ärztliche Verordnung nennenswerte Gesund­heits­ge­fähr­dungen zur Folge haben könne, mit Erfolg angegriffen. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht kann die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zur Gefah­ren­ge­neigtheit der beabsichtigten Tätigkeit nicht selbst treffen. Die Sache war daher zur weiteren Sachaufklärung an den Verwal­tungs­ge­richtshof zurück­zu­ver­weisen.

Berufsbild des Osteopathen ist nicht hinreichend klar umrissen

Die Revisionen von drei Klägern, die vor dem Verwal­tungs­gericht Stuttgart erfolglos die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer auf den Bereich der Osteopathie begrenzten Heilprak­ti­ker­er­laubnis begehrt haben, hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht zurückgewiesen. Das Berufsbild des Osteopathen ist nicht hinreichend klar umrissen, so dass es an der für eine sektorale Heilprak­ti­ker­er­laubnis erforderlichen Abgrenzbarkeit der erlaubten Heiltätigkeit fehlt.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online (pm/ab)

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