18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen den Auspuff eines Autos.

Dokument-Nr. 34452

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Urteil10.10.2024Bundesverwaltungsgericht3 C 3.23
Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil07.04.2022, VG 4 K 119/22.KO
  • Oberverwaltungsgericht Koblenz, Urteil24.01.2023, 10 A 10412/22.OVG
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil10.10.2024

Fahrerlaubnis auf Probe - medizinisch-psychologisches Gutachten nach erneutem Verkehrsverstoß in neuer ProbezeitAuch nach Verzicht auf Fahrerlaubnis ist MPU bei Nichtbewährung in zweiter Probezeit anzuordnen

Gegenüber dem Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe, der nach der Begehung von mindestens einer schwerwiegenden oder zwei weniger schwerwiegenden Zuwiderhandlung(en) auf die Fahrerlaubnis verzichtet und der nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis in der neuen Probezeit erneut eine schwerwiegende oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlung(en) begeht, hat die zuständige Fahrerlaubnis­behörde wie im Falle einer vorangegangenen Fahrerlaubnis­entziehung in entsprechender Anwendung des § 2 a Abs. 5 Satz 5 des Straßenv­erkehrs­gesetzes (StVG) in der Regel die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Dem Kläger wurde erstmals im Juli 2014 die Fahrerlaubnis der Klasse B erteilt. Bei einer allgemeinen Verkehr­s­kon­trolle und einer weiteren Kontrolle aus Anlass von Verkehrs­ver­stößen wurde der Konsum von Cannabis festgestellt. Darauf verlangte die Fahrer­laub­nis­behörde ein medizinisch-psychologisches Gutachten. Das von dem Kläger vorgelegte Gutachten führte zu einer negativen Beurteilung seiner Fahreignung, worauf er auf seine Fahrerlaubnis verzichtete. Auf der Grundlage eines nunmehr positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens wurde dem Kläger im Juli 2020 die Fahrerlaubnis der Klasse B neu erteilt. Zwei Monate später überfuhr er eine bereits länger als eine Sekunde rote Ampel. Die Fahrer­laub­nis­behörde ordnete erneut die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an und stützte sich hierfür auf § 2 a Abs. 5 Satz 5 StVG. Nachdem der Kläger das Gutachten nicht fristgerecht vorlegt hatte, wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen. Das VG hat die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgehoben, weil die Anordnung der Beibringung eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht auf § 2 a Abs. 5 Satz 5 StVG habe gestützt werden können. Die Vorschrift gelte nach ihrem Wortlaut nur, wenn die erste Fahrerlaubnis entzogen worden sei und nicht, wenn der Betroffene - wie hier - auf die Fahrerlaubnis verzichtet habe. Das OVG hat hingegen die Vorschrift auf den Verzicht für entsprechend anwendbar gehalten und die Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis abgewiesen.

Nicht beabsichtigte Regelungslücke

Das BVerwG hat die Rechts­auf­fassung des OVG bestätigt. Die Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens konnte auf § 2 a Abs. 5 Satz 5 StVG in entsprechender Anwendung gestützt werden. Die Fahrerlaubnis auf Probe wurde im Jahr 1986 eingeführt. Sie soll allen Fahranfängern deutlich machen, dass sie sich in einer Probezeit bewähren müssen. Mit dem Gesetz zur Änderung des Straßen­ver­kehrs­ge­setzes vom 24. April 1998 reagierte der Gesetzgeber auf den Versuch, die Regelungen der Fahrerlaubnis auf Probe durch Verzicht und anschließenden Neuerwerb zu umgehen. Es hatte zum Ziel, dass die Regelungen für den Fall der Entziehung auch beim Verzicht auf die Fahrerlaubnis Anwendung finden.

Für die hier in Rede stehenden Regelungen über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis und Zuwiderhandlung in der neuen Probezeit (§ 2 a Abs. 5 StVG) sollte ebenfalls eine Gleichstellung erfolgen. Ausdrücklich geregelt wurde sie nur für das Erfordernis der Teilnahme an einem Aufbauseminar vor Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis, nicht für die Anforderung eines Gutachtens nach erneuter Nichtbewährung in der neuen Probezeit. Das Ziel, einer Umgehung der Probezeit mit ihren besonderen Maßnahmen zu begegnen, sowie Sinn und Zweck der Vorschriften, im Interesse der Verkehrs­si­cherheit auf alle Fahranfänger gleiche Regeln anzuwenden, rechtfertigen die Annahme einer nicht beabsichtigten Regelungslücke, die durch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift zu schließen ist.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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