24.11.2024
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Dokument-Nr. 31535

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Bundesverwaltungsgericht Urteil10.03.2022

Keine Einsichtnahme der Überwa­chungs­behörde in ärztliche Patientenakten zur Kontrolle des Betäubungs­mittel­verkehrsArzt muss kontrol­lie­renden Behörden nur BtM-Rezepte offenlegen

Die für die Überwachung des Betäubungs­mittel­verkehrs zuständigen Behörden sind nicht befugt, zur Kontrolle des Verschreibens von Betäu­bungs­mitteln Einsicht in ärztliche Patientenakten zu nehmen. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Der Kläger ist Arzt und betreibt eine allge­mein­me­di­zi­nische Praxis. Die Beklagte gab ihm auf, für 14 namentlich benannte Patienten und jeweils mehrjährige Zeiträume alle von ihm ausgestellten Betäu­bungs­mit­tel­rezepte sowie die Unterlagen vorzulegen, die die Betäu­bungs­mit­tel­ver­schrei­bungen medizinisch begründen können (z.B. Patien­ten­do­ku­men­tation, Arztbriefe, Befunde). Zur Begründung des Bescheides führte sie aus, bei routinemäßigen Kontrollen in Apotheken seien zahlreiche Verschreibungen des Klägers über (u.a.) die Betäubungsmittel Methylphenidat und Fentanyl aufgefallen. Die auffälligen Rezepte gäben Anlass zur Überprüfung, ob die Anwendung der verschriebenen Betäu­bungs­mittel medizinisch indiziert gewesen sei. Die Prüfung sei ohne Einsicht in die Patientenakten nicht möglich.

VGH erlaubt Einsichtnahme

Das Verwal­tungs­gericht München hob den Bescheid auf, soweit er die Vorlage der Patien­ten­un­terlagen anordnet, und wies die Klage im Übrigen ab. Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten änderte der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof das erstin­sta­nzliche Urteil und wies die Klage insgesamt ab. Die auf vollständige Aufhebung des Bescheids gerichtete Revision des Klägers hat teilweise Erfolg.

BVerwG verneint Recht auf Einsicht in Patientenakten

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat das Berufungsurteil geändert und die erstin­sta­nzliche Entscheidung bestätigt. Nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 BtMG sind die Überwa­chungs­be­hörden befugt, Unterlagen über den Betäu­bungs­mit­tel­verkehr einzusehen und hieraus Abschriften oder Ablichtungen anzufertigen, soweit sie für die Sicherheit oder Kontrolle des Betäu­bungs­mit­tel­verkehrs von Bedeutung sein können. Die Annahme des Verwal­tungs­ge­richtshofs, nicht nur Betäu­bungs­mit­tel­ver­schrei­bungen, sondern auch Patientenakten seien Unterlagen im Sinne von § 22 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, verstößt gegen Bundesrecht. Die Auslegung der Vorschrift ergibt, dass sie auf Patientenakten keine Anwendung findet.

Erweiterung der Befugnisse sinnvoll

Gemäß § 13 Abs. 1 BtMG dürfen Ärzte Betäu­bungs­mittel nur verschreiben, wenn ihre Anwendung im menschlichen Körper begründet ist. Anhand der Angaben auf einem Betäu­bungs­mit­tel­rezept lässt sich die medizinische Begründung der Verschreibung nicht feststellen. Das Ziel, eine effektive Kontrolle des Betäu­bungs­mit­tel­verkehrs zu gewährleisten, kann daher dafürsprechen, den Überwa­chungs­be­hörden auch die Befugnis einzuräumen, ärztliche Patien­ten­un­terlagen einzusehen. § 22 Abs. 1 Nr. 1 BtMG bietet für die Befugnis zur Einsicht in Patientenakten jedoch keine Grundlage. Weder Wortlaut und Entste­hungs­ge­schichte der Norm noch die Geset­zes­sys­tematik geben Anknüp­fungs­punkte dafür, dass Patientenakten nach dem Willen des Gesetzgebers von dem Begriff "Unterlagen über den Betäu­bungs­mit­tel­verkehr" umfasst sein sollen. Anders liegt es für die Befugnis zur Einsicht in Betäu­bungs­mit­tel­rezepte. Sie findet in § 22 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, § 8 Abs. 5 der Betäu­bungs­mittel-Verschrei­bungs­ver­ordnung eine hinreichend bestimmte und auch im Übrigen verfas­sungs­gemäße gesetzliche Grundlage.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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