21.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil12.11.2020

BVerfG zum Kopftuchverbot für Rechts­referendarinnenKopftuchverbot für Rechts­re­fe­rendarin nur auf gesetzlicher Grundlage

Eine Rechts­re­fe­rendarin konnte eine Auflage, die ihr das Tragen eines Kopftuchs bei hoheitlichen Tätigkeiten im Referendariat untersagt, in einem gerichtlichen Haupt­sa­che­ver­fahren auch dann noch - mit der Fortsetzungs­feststellungs­klage - angreifen, wenn die Auflage nach acht Monaten mangels Bedeutung für die weiteren Aus­bildungs­stationen aufgehoben worden war. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht in Leipzig entschieden.

Die Klägerin ist muslimischen Glaubens und trägt als Ausdruck ihrer religiösen Überzeugung ein Kopftuch. Im September 2014 wurde sie in Bayern zu dem im Oktober beginnenden juristischen Vorbe­rei­tungs­dienst mit der Auflage zugelassen, dass "bei Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung (z.B. Wahrnehmung des staats­an­walt­lichen Sitzungs­dienstes, Vernehmung von Zeugen und Sachver­ständigen in der Zivilstation) keine Kleidungsstücke, Symbole und andere Merkmale getragen werden dürfen, die objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die religiös-weltan­schauliche Neutralität der Dienstausübung zu beeinträchtigen." Der Widerspruch der Klägerin gegen die Auflage blieb erfolglos. Nach der Klageerhebung hob der Beklagte - acht Monate nach Beginn des Referendariats - die Auflage auf, weil die Straf­rechts­s­tation mittlerweile beendet und die Auflage daher nicht mehr erforderlich sei.

Vorinstanz: Klage mangels Feststel­lungs­in­teresses unzulässig

Daraufhin beantragte die Klägerin festzustellen, dass die Auflage rechtswidrig gewesen ist. Hiermit war sie erstinstanzlich erfolgreich, unterlag aber in der zweiten Instanz. Nach Ansicht des Berufungs­ge­richts ist die Klage mangels Feststel­lungs­in­teresses unzulässig. Insbesondere liege zwar ein Grundrechtseingriff vor; dieser sei aber nicht tiefgreifend und habe sich auch nicht typischerweise kurzfristig erledigt.

BVerwG: Forts­et­zungs­fest­stel­lungsklage ist zulässig

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat auf die Revision der Klägerin das Berufungsurteil aufgehoben und das stattgebende erstin­sta­nzliche Urteil wieder­her­ge­stellt. Es hat zur Begründung insbesondere ausgeführt: Die Forts­et­zungs­fest­stel­lungsklage ist zulässig, weil die "Kopftuch-Auflage" einen schwerwiegenden Grund­recht­s­eingriff darstellt, der sich typischerweise zu kurzfristig erledigt, um Haupt­sa­che­rechts­schutz zu erlangen. Die Auflage maß sich zwar Bedeutung für die gesamte zweijährige Referen­da­ri­atszeit bei, hatte aber typischerweise nur in den ersten beiden Stationen - der Zivil- und der Straf­rechts­s­tation - einen praktischen Anwen­dungs­bereich. Innerhalb dieses Zeitraums ist Haupt­sa­che­rechts­schutz - auch unter Berück­sich­tigung des Wider­spruchs­ver­fahrens - regelmäßig nicht zu erlangen.

Fehlende gesetzliche Grundlage begründet Forts­et­zungs­fest­stel­lungsklage

Die Forts­et­zungs­fest­stel­lungsklage ist auch begründet, weil es im maßgeblichen Zeitraum der Geltungsdauer der Auflage von Oktober 2014 bis Mai 2015 in Bayern die erforderliche gesetzliche Grundlage für den mit einer solchen Auflage verbundenen Eingriff in die Religi­o­ns­freiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) noch nicht gab; diese gesetzliche Grundlage ist erst im Jahr 2018 mit Art. 11 Absatz 2 Bayerisches Richter- und Staats­an­walts­gesetz i.V.m. Art. 57 Bayerisches Gerichts­ver­fas­sungs­aus­füh­rungs­gesetz geschaffen worden.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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