Dokument-Nr. 2345
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Bundesverwaltungsgericht Urteil09.05.2006
BVerwG zum Familienasyl des Kindes und Prüfung des Widerrufs der Asylerkennung des Vaters
Familienasyl darf nicht mit der Begründung versagt werden, dass die Asylanerkennung des stammberechtigten Vaters zu widerrufen sei, solange das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ein Widerrufsverfahren noch nicht eingeleitet hat. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.
Der 1999 als Sohn eines afghanischen Asylberechtigten in Deutschland geborene Beigeladene wurde im Jahr 2000 vom Bundesamt nach § 26 Abs. 2 Asylverfahrensgesetz als (Familien-) Asylberechtigter nach seinem Vater anerkannt. Auf die Klage des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten hat der Verwaltungsgerichtshof Kassel die Anerkennung des Kindes aufgehoben, weil die – bereits 1986 erfolgte – Asylanerkennung des Vaters wegen der geänderten Verhältnisse in Afghanistan zu widerrufen sei.
Das Bundesverwaltungsgericht hat das berufungsgerichtliche Urteil auf die Revision des Kindes hin aufgehoben und damit in letzter Instanz seine Anerkennung als asylberechtigt bestätigt. Nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts obliegt die die Entscheidung, ob ein Widerrufsverfahren einzuleiten und durchzuführen ist, dem Präsidenten des Bundesamts (§ 73 Abs. 4 AsylVfG). Diese Aufgabenzuweisung des Gesetzgebers ist auch bei der Auslegung der Bestimmungen über die Gewährung von Familienasyl zu beachten. Danach haben minderjährige Kinder eines Asylberechtigten – wie hier der Beigeladene – nur dann einen Anspruch auf Familienasyl, wenn die Asylanerkennung der stammberechtigten Eltern nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist. Solange das Bundesamt ein Widerrufsverfahren nicht eingeleitet und den betroffenen Stammberechtigten hierzu nicht angehört hat, sind die Verwaltungsgerichte im Familienasylverfahren weder verpflichtet noch berechtigt, Gründe für den Widerruf der Asylanerkennung des Stammberechtigten zu prüfen. Das entspricht auch am ehesten der mit der Einführung des Familienasyls bezweckten Entlastung des Bundesamts und der Verwaltungsgerichte und dem gesetzgeberischen Ziel eines einheitlichen asylrechtlichen Status aller Familienangehörigen. Außerdem bestünde sonst die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen über das Vorliegen von Widerrufsgründen beim Stammberechtigten. Denn das Bundesamt wäre nicht an die Beurteilung der Widerruflichkeit der Stammberechtigung durch die Verwaltungsgerichte im Familienasylprozess gebunden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.05.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 26/06 des BVerwG vom 09.05.2006
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