18.10.2024
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Dokument-Nr. 34093

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Bundesverwaltungsgericht Urteil13.06.2024

Unions­recht­liches Freizü­gig­keitsrecht kann neben anderweitigem Aufent­haltsrecht bestehenZwei Aufent­halt­stitel können nebeneinander bestehen

Das abgeleitete Freizü­gig­keitsrecht, das ein drittstaats­angehöriger Elternteil eines Unions­bür­ger­kindes unter bestimmten Voraussetzungen aus Art. 21 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) herleiten kann, setzt nicht voraus, dass diesem kein anderweitiges Aufent­haltsrecht zusteht. Insbesondere steht der Besitz eines assoziations­rechtlichen Aufent­halts­rechts als türkischer Arbeitnehmer dem Erwerb oder Fortbestand des Freiheits­zügigkeits­rechts nicht entgegen. Dies hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Der Kläger ist türkischer Staats­an­ge­höriger und Vater eines 2011 geborenen Sohnes mit bulgarischer Staats­an­ge­hö­rigkeit. Er wendet sich gegen die Feststellung des Verlusts seines Freizü­gig­keits­rechts (§ 5 Abs. 4 Freizü­gig­keits­gesetz/EU). Diese war unter anderem damit begründet worden, der Kläger habe bereits ein assozia­ti­o­ns­recht­liches Aufent­haltsrecht nach Art. 6 Abs. 1 des Assozia­ti­o­ns­rats­be­schlusses EWG-Türkei Nr. 1/80 (ARB 1/80) als Arbeitnehmer in ordnungsgemäßem Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis erworben, so dass der minderjährige Unionsbürger bei Versagung eines Freizü­gig­keits­rechts aus Art. 21 Abs. 1 AEUV nicht von seinem Vater getrennt werde. Die Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Der Verwal­tungs­ge­richtshof hat die Verlust­fest­stellung hingegen aufgehoben. Der Kläger besitze ein aus Art. 21 Abs. 1 AEUV folgendes Freizügigkeitsrecht, weil er tatsächlich die Sorge für einen minderjährigen Unionsbürger wahrnehme und diesem Unterhalt gewähre. Der Sohn sei trotz Bezugs von Sozia­l­leis­tungen aus eigenem Recht freizü­gig­keits­be­rechtigt, weil er inzwischen über seine Mutter ein Dauer­auf­ent­haltsrecht erworben habe. Das Freizü­gig­keitsrecht des Klägers aus Art. 21 Abs. 1 AEUV sei nicht dadurch entfallen, dass er ein assozia­ti­o­ns­recht­liches Aufent­haltsrecht erworben habe.

Abgeleitetes Aufent­haltsrecht steht Assozia­ti­o­nsrecht gleich

Das BVerwG hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Das Berufungs­gericht hat im Einklang mit Bundesrecht entschieden, dass der Kläger ein Aufent­haltsrecht aus Art. 21 Abs. 1 AEUV erworben und im maßgeblichen Zeitpunkt noch besessen hat. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger auch über ein assozia­ti­o­ns­recht­liches Aufent­haltsrecht als türkischer Arbeitnehmer nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 verfügen mag. Für eine Nachrangigkeit der Freizü­gig­keits­rechte aus Art. 21 AEUV und der Richtlinie 2004/38/EG gegenüber anderen unions­recht­lichen (oder nationalen) Aufent­halts­rechten bieten die einschlägigen unions­recht­lichen Regelungen auch unter Berück­sich­tigung ihrer Systematik und Zielsetzung keine ernsthaften Anhaltspunkte. Der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union lässt sich im Gegenteil entnehmen, dass das Bestehen eines Aufent­halts­rechts aus abgeleitetem Unionsrecht den Freizü­gig­keits­rechten nach der Richtlinie 2004/38/EG gleichsteht. Abgeleitetes Unionsrecht in diesem Sinne sind auch die Beschlüsse des Assozia­ti­o­nsrats EWG-Türkei.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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