21.11.2024
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Dokument-Nr. 34491

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Bundesverwaltungsgericht Urteil24.10.2024

Keine Verkürzung der Trennungszeit beim Ehegat­ten­nachzug durch Sicherung von Lebensunterhalt und Vorhalten von WohnraumWeiteren Sachverhalts­aufklärung durch VG erforderlich

Die Sicherung des Lebens­un­terhalts und das Vorhalten von Wohnraum rechtfertigen keine Verkürzung der Trennungszeit, die ein subsidiär Schutz­be­rech­tigter und sein Ehegatte, deren Ehe nicht bereits vor der Flucht geschlossen wurde, bis zu dessen Nachzug zum Zwecke der Wiederaufnahme der ehelichen Lebens­ge­mein­schaft im Bundesgebiet hinnehmen müssen. Dies hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Die Klägerin und ihr Ehemann sind syrische Staats­an­ge­hörige. Sie reisten eigenen Angaben zufolge in den Jahren 2014 bzw. 2013 aus Syrien in den Libanon ein. Im August 2019 schlossen sie während eines Kurzaufenthalts in Syrien die Ehe. Der Ehemann suchte im Dezember 2020 im Bundesgebiet um Asyl nach. Im Februar 2021 erkannte ihm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den subsidiären Schutzstatus zu. Nach der Absolvierung eines Integra­ti­o­ns­kurses trat er im Februar 2023 in ein unbefristetes und ungekündigtes Vollzeit­a­r­beits­ver­hältnis ein. Im Juli 2023 begründete er zusätzlich ein geringfügiges Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis. Er ist im Besitz einer gültigen Aufent­halt­s­er­laubnis und bewohnt eine Wohnung mit einer Größe von etwa 50 m2. Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Beirut lehnte die Erteilung des von der Klägerin beantragten Visums auf der Grundlage von § 36 a Abs. 3 Nr. 1 AufenthG ab. Der hiergegen erhobenen Klage hat das VG mit dem angegriffenen Urteil stattgegeben. Eine Ausnahme von dem für den Fall einer nicht bereits vor der Flucht erfolgten Eheschließung vorgesehenen Regelaus­schlussgrund sei anzunehmen, wenn die Ehegatten seit mehr als drei Jahren räumlich voneinander getrennt lebten, die eheliche Lebens­ge­mein­schaft nicht in einem Drittstaat wieder­her­ge­stellt werden könne, der im Bundesgebiet lebende subsidiär Schutz­be­rechtigte den Lebensunterhalt der Familie sicherzustellen vermöge und ausreichender Wohnraum zur Verfügung stehe.

BVerwG sieht keinen atypischen Fall

Das BVerwG hat der gegen das Urteil des VG eingelegte Sprungrevision der Beklagten stattgegeben. Die Erteilung eines Visums zum Zwecke des Ehegat­ten­nachzuges zum subsidiär Schutz­be­rech­tigten scheidet gemäß § 36 a Abs. 3 Nr. 1 AufenthG in der Regel aus, wenn die Ehe nicht bereits vor der Flucht geschlossen wurde. Das VG hat das Vorliegen einer Ausnahme von diesem Regelaus­schlussgrund mit einer Begründung bejaht, die Bundesrecht verletzt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Ausnahme von dem Regelaus­schlussgrund für den Fall, dass die (Wieder-)Herstellung der familiären Lebens­ge­mein­schaft in dem Aufent­haltsstaat des nachzugs­willigen Ehegatten - wie hier - auf unabsehbare Zeit ausscheidet, regelmäßig bei einer mehr als vier Jahre andauernden Trennung der Ehegatten anzunehmen. Dieser Ausgleich der Interessen ist unter den Vorbehalt besonderer Umstände des Einzelfalles gestellt. Wegen der Bedeutung der einem Familiennachzug wider­strei­tenden Interessen der Bundesrepublik Deutschland müssen solche atypischen Umstände des Einzelfalles geeignet sein, dem Regelaus­schlussgrund einer nach der Flucht geschlossenen Ehe schon vor dem Ablauf der genannten Fristen ausnahmsweise kein ausschlag­ge­bendes Gewicht beizumessen.

Von einer derartigen Atypik kann indes weder im Falle der Sicherstellung des Lebens­un­terhalts der Bedarfs­ge­mein­schaft noch im Falle des Vorhaltens ausreichenden Wohnraums ausgegangen werden. Allein derartige migra­ti­o­ns­ty­pische Sachverhalte vermögen besondere Umstände des Einzelfalles im vorstehenden Sinne nicht zu begründen, zumal der Gesetzgeber ihre Berück­sich­tigung allein im Rahmen von § 36 a Abs. 2 Satz 4 AufenthG vorgesehen hat.

Mangels hinreichender Feststellungen zu etwaigen anderen hier berück­sich­ti­gungs­fähigen Besonderheiten hat der Senat das Verfahren zur weiteren Sachver­halts­auf­klärung an das VG zurückverwiesen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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