21.11.2024
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Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.

Dokument-Nr. 2698

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Bundesverwaltungsgericht Urteil18.07.2006

Kein Entzug der Flücht­lings­a­n­er­kennung von Christen aus dem IrakVorinstanz hat Gefahr der Verfolgung mit unzutreffenden Begründungen verneint

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in Leipzig hat über die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Flücht­lings­a­n­er­kennung von Christen aus dem Irak entschieden, die in den Jahren 2000 und 2001 – noch während der Herrschaft Saddam Husseins – aus dem Zentralirak nach Deutschland geflohen sind.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Entscheidungen, mit denen der Verwal­tungs­ge­richtshof München den Widerruf bestätigt hat, aufgehoben und die Verfahren zurückverwiesen. Der Verwal­tungs­ge­richtshof muss danach erneut entscheiden, ob der Widerruf daran scheitert, dass den Klägern als Christen im Irak nunmehr landesweit eine Verfolgung wegen ihrer Religion droht.

Die Kläger sind irakische Staats­an­ge­hörige christlichen (chaldäischen) Glaubens. Sie wurden als politische Flüchtlinge anerkannt, weil sie wegen der Stellung eines Asylantrags in Deutschland mit Verfolgung durch das Regime von Saddam Hussein rechnen mussten. Diese Flücht­lings­a­n­er­ken­nungen widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Jahr 2004. Das Verwal­tungs­gericht Regensburg gab den Klagen statt und hob die Wider­rufs­be­scheide auf. Es war der Ansicht, dass den Klägern nunmehr bei einer Rückkehr in den Irak eine Gruppen­ver­folgung als Christen durch Private (nichtstaatliche Akteure) droht. Der Verwal­tungs­ge­richtshof München änderte diese Entscheidungen und wies die Klagen ab. Er begründete dies damit, dass die Kläger nach der Entmachtung Saddam Husseins im Irak nicht mehr verfolgt werden. Allerdings seien im Irak terroristische Anschläge sowie Überfälle und Entführungen an der Tagesordnung. Gemessen an der Vielzahl der Anschläge auf verschiedene Bevöl­ke­rungs­gruppen seien die Übergriffe gegenüber Christen jedoch nicht derart häufig, dass eine Gruppen­ver­folgung der Christen mit beachtlicher Wahrschein­lichkeit anzunehmen sei. Der Widerruf sei daher zu Recht erfolgt. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Urteile des Verwal­tungs­ge­richtshofs aufgehoben, weil er die Gefahr einer Verfolgung der Kläger wegen ihres christlichen Glaubens mit unzutreffender Begründung verneint hat.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat zunächst daran erinnert, dass der Widerruf einer Asyl- oder Flücht­lings­a­n­er­kennung nach dem Asylver­fah­rens­gesetz (§ 73 Abs. 1 AsylVfG) und nach der Genfer Flücht­lings­kon­vention grundsätzlich nur zulässig ist, wenn sich die zum Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse erheblich und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen Verfol­gungs­maß­nahmen mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht.

Der Verwal­tungs­ge­richtshof durfte hier bei der Prüfung, ob dem Widerruf die Gefahr einer religiösen Verfolgung bei der Rückkehr entgegensteht, den allgemeinen Maßstab der beachtlichen Wahrschein­lichkeit anlegen, wie er auch für die Anerkennung als Flüchtling gilt. Denn den Klägern droht inzwischen nach den Feststellungen des Verwal­tungs­ge­richtshofs allenfalls eine gänzlich anders geartete Verfolgung (religiöse Gruppen­ver­folgung durch Private), die in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der früheren Verfol­gungs­gefahr steht. Die Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richtshofs ist aber mit Bundesrecht deshalb nicht vereinbar, weil er die Gefahr einer privaten Gruppen­ver­folgung, für die grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie für eine staatliche Gruppen­ver­folgung gelten, auf einer zu schmalen Tatsa­chen­grundlage beurteilt hat. Er hätte seine Entscheidung nicht ohne genauere Feststellungen zu Art, Umfang und Gewicht der Verfol­gungs­hand­lungen treffen dürfen und zu der Zahl der irakischen Christen in Beziehung setzen müssen. Außerdem hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht beanstandet, dass eine Gruppen­ver­folgung der Christen nicht deshalb verneint werden kann, weil auch andere Bevöl­ke­rungs­gruppen oder Minderheiten in ähnlicher Weise drangsaliert werden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 42/06 des BVerwG vom 18.07.2006

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