15.11.2024
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Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.

Dokument-Nr. 2586

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Bundesverwaltungsgericht Urteil27.06.2006

Humanitäre Aufent­halt­s­er­laubnis für abgelehnte Asylbewerber aus dem Irak?

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in Leipzig hat erstmals darüber entschieden, unter welchen Vorraus­set­zungen eine Aufent­halt­s­er­laubnis aus humanitären Gründen nach dem neuen Aufent­halts­gesetz (§ 25 AufenthG) für einen abgelehnten und geduldeten Asylbewerber in Betracht kommt, der sich auf eine allgemeine Gefahrenlage in seinem Heimatstaat (Irak) beruft.

Der Kläger ist 1999 nach Deutschland eingereist. Seinen Asylantrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) – Bundesamt – im Juni 1999 ab und drohte ihm die Abschiebung an. Nach erfolglosem Asylprozess erhielt der Kläger ab März 2001 fortlaufend Duldungen auf der Grundlage von Abschiebestopp-Erlassen des bayerischen Innen­mi­nis­teriums. Im März 2003 beantragte er eine Aufent­halts­be­fugnis nach dem inzwischen außer Kraft getretenen Ausländergesetz (§ 30 Abs. 3 und 4 AuslG). Zur Begründung berief er sich auf die "prekäre" Sicherheitslage und die "kritische" Lebenssituation im Irak. Die Auslän­der­behörde lehnte den Antrag ab. Die Klage auf Verpflichtung zur Erteilung einer Aufent­halts­ge­neh­migung hatte weder vor dem Verwal­tungs­gericht Regensburg noch vor dem Verwal­tungs­ge­richtshof München Erfolg.

Auch vor dem Bundes­ver­wal­tungs­gericht blieb der Kläger erfolglos. Dieses stellte zunächst klar, dass nach dem neuen, seit Januar 2005 geltenden Recht die Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG zur Vermeidung von Kettenduldungen unter erleichterten Voraussetzungen in Betracht kommt. Das ist nach § 25 Abs. 3 AufenthG namentlich dann der Fall, wenn ein abgelehnter Asylbewerber nicht in seinen Heimatstaat abgeschoben werden kann, weil ihm dort Gefahren drohen, die einer Abschiebung nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG entgegenstehen. Ob eine solche Gefahrenlage im Abschie­be­zielstaat besteht, hat allerdings bei Asylbewerbern nur das Bundesamt zu prüfen. Hat das Bundesamt – wie im Falle des Klägers – bei der Ablehnung des Asylantrags ein zielstaats­be­zogenes Abschie­bungs­verbot verneint, ist die Auslän­der­behörde an diese Entscheidung gebunden und kann deshalb eine mit Gefahren im Heimatstaat begründete humanitäre Aufent­halt­s­er­laubnis nach § 25 AufenthG grundsätzlich nicht erteilen.

Ob etwas anderes dann gelten kann, wenn sich der Ausländer darauf beruft, dass ihm wie der Bevölkerung insgesamt im Zielstaat der Abschiebung erhebliche allgemeine Gefahren drohen, die zu einem Abschiebestopp geführt haben, hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht offen gelassen. Das Gesetz sieht (in § 25 Abs. 5 AufenthG) eine humanitäre Aufent­halt­s­er­laubnis zur Vermeidung von Kettenduldungen allgemein auch dann vor, wenn die Ausreise des Ausländers aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall des Ausrei­se­hin­der­nisses in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Eine unzumutbare Gefährdung des Klägers bei der Rückkehr in den Irak hat der Verwal­tungs­ge­richtshof im Rahmen der Prüfung einer freiwilligen Rückkehr­mög­lichkeit ausdrücklich verneint. Unter diesen Umständen ist nicht anzunehmen, dass eine freiwillige Ausreise des Klägers aus Rechtsgründen unmöglich ist. Das gilt auch vor dem Hintergrund der bayerischen Erlasslage, nach der erfolglose Asylbewerber nicht zwangsweise in den Irak abgeschoben, sondern weiterhin geduldet werden. Denn diese Abschie­bes­toppre­ge­lungen beruhen, wie in der Revisi­ons­ver­handlung erörtert worden ist, nicht auf humanitären Gründen im Hinblick auf eine landesweite Gefahrenlage, sondern darauf, dass bis vor kurzem die Flugver­bin­dungen unterbrochen waren und bis heute kein Rücküber­nah­me­ab­kommen mit dem Irak besteht.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 36/06 des BVerwG vom 27.06.2006

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