23.11.2024
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Dokument-Nr. 30849

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Bundesverwaltungsgericht Urteil27.04.2021

Drittstaats­angehörige Seeleute benötigen für Arbeitseinsätze auf Offshore-Supply-Schiffen im deutschen Küstenmeer einen Aufent­halt­stitelFlaggen­staats­prinzip gilt nicht für Küstenmeer

Drittstaats­angehörige Seeleute, die nur über ein nicht zum Zweck der Erwer­b­s­tä­tigkeit erteiltes Schengen-Visum (Typ C) verfügen bzw. visumbefreit sind und als Besatzungs­mitglieder eines unter panamaischer Flagge fahrenden Seeschiffs einer Erwer­b­s­tä­tigkeit auf einem Offshore-Supply-Schiff im deutschen Küstenmeer nachgehen wollen, benötigen einen Aufent­halt­stitel, der zur Erwer­b­s­tä­tigkeit berechtigt. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht in Leipzig entschieden.

Die Kläger sind ukrainische Staats­an­ge­hörige und verrichteten im Herbst 2017 als Seeleute an Bord eines unter panamaischer Flagge fahrenden Offshore-Supply-Schiffes Arbeiten im Zusammenhang mit der Errichtung eines vor der deutschen Küste gelegenen Offshore-Windparks. Bei einer Kontrolle während des Einsatzes im Küstenmeer stellte die Bundespolizei mit an die Kläger gerichteten Bescheiden fest, dass sie ausrei­se­pflichtig seien, und setzte ihnen eine Ausreisefrist von zwei Tagen. Sie seien ohne erforderliche Erlaubnis einer Beschäftigung nachgegangen.

VG bejahrt Befreiung von Aufent­halt­stitel

Das Verwal­tungs­gericht hat der daraufhin erhobenen Klage stattgegeben und festgestellt, dass die Kläger bei ihren Arbeits­e­in­sätzen im deutschen Küstenmeer als Transi­t­auf­enthalt vom Erfordernis eines Aufent­halt­s­titels befreit seien. Diese Befreiung sei auch nicht lediglich an kurzfristige Aufenthalte - etwa zum Zwecke der friedlichen Durchfahrt im Sinne des Seerechts­über­ein­kommens der Vereinten Nationen (SRÜ) - geknüpft.

BVerwG: Keine Befreiung von Aufent­halt­s­titels

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat der (Sprung-)Revision der Beklagten stattgegeben. Die erhobene Feststel­lungsklage ist hier zwar zulässig, aber nicht begründet. Drittstaatsangehörige Besat­zungs­mit­glieder eines (hier) panamaischen Offshore-Supply-Schiffes bedürfen für einen Arbeitseinsatz im deutschen Küstenmeer eines Aufent­halt­s­titels, der zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt; ein von einem anderen Vertragsstaat ausgestelltes Schengen-Visum (Typ C) reicht allein nicht aus.

Flaggen­staats­prinzip gilt nicht für Küstenmeer

Die Anwendbarkeit des deutschen Aufent­halts­rechts ist nicht bereits kraft Völkerrechts, insbesondere des sogenannten Flaggen­staats­prinzips (Artikel 90 und 91 SRÜ) ausgeschlossen, weil die diesbezüglichen Bestimmungen des Abkommens nicht für das Küstenmeer gelten.

Auffassung des VG nicht mit Bundesrecht vereinbar

Die Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts, dass die Kläger vom Erfordernis eines Aufent­halt­s­titels nach § 26 Abs. 1 Aufent­halts­ver­ordnung (AufenthV) für den von ihnen angestrebten Arbeitseinsatz vom Erfordernis eines Aufent­halt­s­titels befreit sind, ist indes mit Bundesrecht nicht vereinbar. Auch bei einer Einfahrt auf dem Seeweg ist bereits fraglich, ob ein Aufenthalt "ohne Einreise" im Sinne des § 26 AufenthV i.V.m. § 13 Abs. 2 AufenthG vorliegt. Die Auslegung des § 26 Abs. 1 AufenthV ergibt jedenfalls, dass der Anwen­dungs­bereich dieser Norm nicht eröffnet ist, wenn sich dritt­staats­an­ge­hörige Seeleute als Besat­zungs­mit­glieder auf einem Offshore-Supply-Schiff im deutschen Küstenmeer aufhalten, um dort zu arbeiten. Der Anwen­dungs­bereich des § 26 Abs. 1 AufenthV erfasst lediglich den grenz­über­schrei­tenden Durch­gangs­verkehr, der - auch in Realisierung des Rechts der friedlichen Durchfahrt (Artikel 17 SRÜ) - dem Transit von Personen und Waren dient, aber nicht den Aufenthalt im Küstenmeer zum Zweck von Offshore-Arbeiten.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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