Dokument-Nr. 3988
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Bundesverfassungsgericht Urteil21.03.2007
Krankenversicherung - Bundesverwaltungsgericht stärkt Rechte von Privatversicherten bei Tarifwechsel
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat für den Fall des Tarifwechsels innerhalb eines Leistungsbereichs der privaten Krankenversicherung die Rechte der Versicherungsnehmer gestärkt. Leistungsbereiche sind jeweils ambulante Heilbehandlung, stationäre Heilbehandlung sowie Krankenhaustagegeldversicherungen mit Kostenersatzfunktion, Zahnbehandlung und Zahnersatz, Krankenhaustagegeld in anderen Fällen, Krankentagegeld, Kurtagegeld und Kuren, oder Pflegekosten und -tagegeld.
Das klagende Versicherungsunternehmen bietet Krankenversicherungsverträge an. In einem bestimmten Tarif versichert es seit längerem u.a. Aufwendungen für Zahnbehandlung, Zahnersatz, Zahn- und Kieferregulierung, jeweils ohne Begrenzung der Erstattungsfähigkeit. Außerdem bietet es einen neuen Tarif an, der eine sog. Zahnstaffel enthält. Diese bedeutet, dass in den ersten 48 Monaten die Erstattung von Aufwendungen für Zahnersatz, Implantate, funktionsanalytische und funktionstherapeutische Behandlungen sowie Kieferorthopädie auf einen bestimmten – gestaffelten – Rechnungsbetrag beschränkt ist. Diese Beschränkung gilt nicht für zahnärztliche Heilbehandlungen aufgrund von Unfällen, schweren nicht vermeidbaren Erkrankungen des Kausystems oder schwerer Allgemeinerkrankung. Die Zahnstaffel betrifft nicht konservierende Zahnbehandlung und prophylaktische Leistungen. Der Versicherungsbeitrag für den neuen Tarif ist geringer als der für den alten Tarif.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hatte gegenüber dem Versicherungsunternehmen angeordnet, dass im Rahmen von Tarifwechseln die Vorversicherungszeit in dem bisherigen Tarif bei der Einstufung in die Zahnstaffel anzurechnen sei.
Wie bereits das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat das Bundesverwaltungsgericht die Anordnung für rechtmäßig angesehen. Die Bundesanstalt war zu der Anordnung auf der Grundlage des Versicherungsaufsichtsgesetzes befugt. Das Versicherungsunternehmen hat die versicherungsvertragsrechtliche Bestimmungdes § 178 f Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes nicht genügend berücksichtigt. Nach dieser Vorschrift, die für den Versicherer zwingendes Recht darstellt, kann der Versicherungsnehmer bei bestehendem Versicherungsverhältnis vom Versicherer verlangen, dass dieser Anträge auf Wechsel in andere Tarife mit gleichartigem Versicherungsschutz unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Alterungsrückstellung annimmt. Damit soll insbesondere älteren Versicherungsnehmern ermöglicht werden, aus einem wegen der Altersstruktur mit hohen Prämien belastenden Tarif in einen attraktiveren Tarif zu wechseln, ohne bereits erworbene Rechte zu verlieren, zu denen auch der Ablauf von Wartezeiten gehört.
Die sog. Zahnstaffel hat das Bundesverwaltungsgericht wie eine Wartezeit behandelt. Denn (nur) während der Dauer der Leistungsbegrenzungen auf einen Höchstbetrag werden darüber hinausgehende Leistungen nicht erbracht. Die Begrenzungen wirken insoweit wie eine Wartezeit. Infolgedessen müssen die unter der Geltung des alten Tarifs zurückgelegten Versicherungszeiten gemäß § 178 f Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes auf die Wartezeit nach dem neuen Tarif angerechnet werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.03.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 16/2007 des BVerwG vom 21.03.2007
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