Dokument-Nr. 3579
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Bundesverfassungsgericht Beschluss08.12.2006
Universitätsklinikum darf Nutzungsentgelt für ärztliche Nebenleistungen von Medizinprofessor verlangenBundesverfassungsgericht weist Beschwerde des Professors ab
Wenn leitende Klinikärzte für die Behandlung von Privatpatienten Geräte und Personal des Krankenhauses einsetzen, müssen sie für die Nutzung zahlen. Das geht aus einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts hervor, das die Verfassungsbeschwerde eines Universitätsprofessors gegen das Nutzungsentgelt abwies.
Der Beschwerdeführer ist seit 1989 Universitätsprofessor im Hochschuldienst des Landes Hessen. Er verfügt über die Nebentätigkeitsgenehmigung, Patienten gegen Vergütung persönlich zu behandeln. Für die dabei erfolgende Inanspruchnahme des Klinikums und seines Personals hat der Beschwerdeführer ein Nutzungsentgelt zu entrichten.
Nach dem „Erlass des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst vom 30. Juni1994 über das Nutzungsentgelt bei ärztlichen Nebentätigkeiten in den hessischen Universitätskliniken“ ist für die Einnahmen aus stationärer Behandlung ein Satz von 20 v.H. der um den Wahlarztabschlag nach § 6 a Abs. 1 GOÄ geminderten Bruttoeinnahmen anzusetzen. Auf dieser Grundlage setzte das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst die Höhe des vom Beschwerdeführer zu zahlenden Nutzungsentgelts für das 2. Halbjahr 1996 auf 386.513, 33 DM fest. Die hiergegen gerichtete Klage, mit der der Beschwerdeführer beantragte, den festgesetzten Satz von 20 v.H. um 2/3 herabzusetzen, blieb vor den Verwaltungsgerichten ohne Erfolg. Seine Verfassungsbeschwerde wurde von der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
1. Die angegriffenen Entscheidungen verstoßen nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG. Es gibt keinen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums mit dem Inhalt, dass der Dienstherr dem Beamten Einkünfte aus Nebentätigkeiten ungeschmälert belassen muss, wenn zu ihrer Erzielung sich der Beamte der Sachausstattung oder des Personals des Dienstherrn bedient.
2. Mit der Ausgestaltung des Nutzungsentgelts für ärztliche Nebentätigkeiten in den Universitätskliniken hat der hessische Beamtengesetz- und -verordnungsgeber den ihm von Verfassungs wegen zukommenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten.
Bei den in Rede stehenden Nebentätigkeiten beamteter Krankenhausärzte handelt es sich um Tätigkeiten, die zu den originären Hauptpflichten der leitenden Ärzte zählen. Die Versorgung von Patienten in der Klinik ist der Zweck dieser Einrichtung, gleichgültig ob es sich dabei um Kassen- oder Privatpatienten handelt. Die praktizierte Aufspaltung, nach der die Behandlung von Kassenpatienten dem Hauptamt zugeordnet, die traditionell entstandene Versorgung der Privatpatienten dagegen als Nebentätigkeit mit getrennter honorarmäßiger Eigenliquidation behandelt wird, erweist sich in beamtenrechtlicher Hinsicht daher als „atypisch“ und nur eingeschränkt systemgerecht. Zwar profitiert jede Einrichtung von der Reputation leitenden Personals, weswegen auch besondere Bedingungen zur Gewinnung herausragender Persönlichkeiten gerechtfertigt sind. Aber der leitende Arzt gewinnt seinerseits durch die Möglichkeit „privater“ Einnahmen. Es kann daher nicht beanstandet werden, dass der Beamte einen Ausgleich für die privatnützige Inanspruchnahme von Personal und Material zu leisten hat. Dies gilt umso mehr, als dem Beschwerdeführer ein weit über die bloße Kostenersparnis hinausgehender Nutzungsvorteil verbleibt, der darin besteht, dass er auf die hoch technisierte Infrastruktur der Universitätsklinik zugreifen kann, die dem jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnisstand angepasst ist und von einem freiberuflich tätigen Arzt nicht finanziert werden könnte. Insoweit ist auch das Berufsrisiko minimiert, weil der leitende Krankenhausarzt weder die Betriebsstruktur vorhalten noch die Unkosten für Praxisräume, Personal und Einrichtung aufbringen muss. Das Nutzungsentgelt, das der Beschwerdeführer zu entrichten hat, schmälert seine Einnahmen aus der Privatliquidation nicht in einem Umfang, der über die sachlich gerechtfertigte Abschöpfung der dem Beschwerdeführer zufließenden Vorteile hinausginge. Mit dem sich aus den einschlägigen Regelungen ergebenden Satz von 20 v.H. der Bruttoeinnahmen erreicht das Nutzungsentgelt keine unangemessene, den dargelegten Zielsetzungen widersprechende Höhe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.01.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 124/2006 des BVerfG vom 28.12.2006
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