15.11.2024
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Dokument-Nr. 3579

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Beschluss08.12.2006Bundesverfassungsgericht2 BvR 385/05
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Bundesverfassungsgericht Beschluss08.12.2006

Univer­si­täts­klinikum darf Nutzungsentgelt für ärztliche Nebenleistungen von Medizin­pro­fessor verlangenBundes­ver­fas­sungs­gericht weist Beschwerde des Professors ab

Wenn leitende Klinikärzte für die Behandlung von Privatpatienten Geräte und Personal des Krankenhauses einsetzen, müssen sie für die Nutzung zahlen. Das geht aus einem Beschluss des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts hervor, das die Verfas­sungs­be­schwerde eines Univer­si­täts­pro­fessors gegen das Nutzungsentgelt abwies.

Der Beschwer­de­führer ist seit 1989 Univer­si­täts­pro­fessor im Hochschuldienst des Landes Hessen. Er verfügt über die Neben­tä­tig­keits­ge­neh­migung, Patienten gegen Vergütung persönlich zu behandeln. Für die dabei erfolgende Inanspruchnahme des Klinikums und seines Personals hat der Beschwer­de­führer ein Nutzungsentgelt zu entrichten.

Nach dem „Erlass des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst vom 30. Juni1994 über das Nutzungsentgelt bei ärztlichen Neben­tä­tig­keiten in den hessischen Univer­si­täts­kliniken“ ist für die Einnahmen aus stationärer Behandlung ein Satz von 20 v.H. der um den Wahla­rzt­ab­schlag nach § 6 a Abs. 1 GOÄ geminderten Bruttoeinnahmen anzusetzen. Auf dieser Grundlage setzte das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst die Höhe des vom Beschwer­de­führer zu zahlenden Nutzungs­entgelts für das 2. Halbjahr 1996 auf 386.513, 33 DM fest. Die hiergegen gerichtete Klage, mit der der Beschwer­de­führer beantragte, den festgesetzten Satz von 20 v.H. um 2/3 herabzusetzen, blieb vor den Verwal­tungs­ge­richten ohne Erfolg. Seine Verfas­sungs­be­schwerde wurde von der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts nicht zur Entscheidung angenommen.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

1. Die angegriffenen Entscheidungen verstoßen nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG. Es gibt keinen hergebrachten Grundsatz des Berufs­be­am­tentums mit dem Inhalt, dass der Dienstherr dem Beamten Einkünfte aus Neben­tä­tig­keiten ungeschmälert belassen muss, wenn zu ihrer Erzielung sich der Beamte der Sachausstattung oder des Personals des Dienstherrn bedient.

2. Mit der Ausgestaltung des Nutzungs­entgelts für ärztliche Neben­tä­tig­keiten in den Univer­si­täts­kliniken hat der hessische Beamtengesetz- und -verord­nungsgeber den ihm von Verfassungs wegen zukommenden Gestal­tungs­spielraum nicht überschritten.

Bei den in Rede stehenden Neben­tä­tig­keiten beamteter Kranken­hau­särzte handelt es sich um Tätigkeiten, die zu den originären Hauptpflichten der leitenden Ärzte zählen. Die Versorgung von Patienten in der Klinik ist der Zweck dieser Einrichtung, gleichgültig ob es sich dabei um Kassen- oder Privatpatienten handelt. Die praktizierte Aufspaltung, nach der die Behandlung von Kassenpatienten dem Hauptamt zugeordnet, die traditionell entstandene Versorgung der Privatpatienten dagegen als Nebentätigkeit mit getrennter honorarmäßiger Eigen­li­qui­dation behandelt wird, erweist sich in beamten­recht­licher Hinsicht daher als „atypisch“ und nur eingeschränkt systemgerecht. Zwar profitiert jede Einrichtung von der Reputation leitenden Personals, weswegen auch besondere Bedingungen zur Gewinnung herausragender Persön­lich­keiten gerechtfertigt sind. Aber der leitende Arzt gewinnt seinerseits durch die Möglichkeit „privater“ Einnahmen. Es kann daher nicht beanstandet werden, dass der Beamte einen Ausgleich für die privatnützige Inanspruchnahme von Personal und Material zu leisten hat. Dies gilt umso mehr, als dem Beschwer­de­führer ein weit über die bloße Kostenersparnis hinausgehender Nutzungsvorteil verbleibt, der darin besteht, dass er auf die hoch technisierte Infrastruktur der Univer­si­täts­klinik zugreifen kann, die dem jeweiligen wissen­schaft­lichen Erkenntnisstand angepasst ist und von einem freiberuflich tätigen Arzt nicht finanziert werden könnte. Insoweit ist auch das Berufsrisiko minimiert, weil der leitende Krankenhausarzt weder die Betrie­bss­truktur vorhalten noch die Unkosten für Praxisräume, Personal und Einrichtung aufbringen muss. Das Nutzungsentgelt, das der Beschwer­de­führer zu entrichten hat, schmälert seine Einnahmen aus der Privat­li­qui­dation nicht in einem Umfang, der über die sachlich gerechtfertigte Abschöpfung der dem Beschwer­de­führer zufließenden Vorteile hinausginge. Mit dem sich aus den einschlägigen Regelungen ergebenden Satz von 20 v.H. der Bruttoeinnahmen erreicht das Nutzungsentgelt keine unangemessene, den dargelegten Zielsetzungen widersprechende Höhe.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 124/2006 des BVerfG vom 28.12.2006

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