Dokument-Nr. 4377
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Bundesverfassungsgericht Beschluss16.05.2007
Abschiebungshaft nur zur Sicherung der Abschiebung zulässig
Der in Deutschland geborene Beschwerdeführer ist spanischer Staatsangehöriger. Nachdem er im Jahr 1997 aus Deutschland ausgewiesen worden war, reiste er unmittelbar danach erneut wieder in das Bundesgebiet ein. In der Folgezeit wurde der Beschwerdeführer mehr als fünfzehn Mal abgeschoben. Die zuletzt im Februar 2005 vom Amtsgericht angeordnete Abschiebungshaft dauerte drei Monate. Einen nachträglich gestellten Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Dauer der Inhaftierung wegen Verletzung des Beschleunigungsgebots lehnte das Landgericht ab.
Um die Gefahr einer erneuten illegalen Einreise des Beschwerdeführers zu verringern, habe die Ausländerbehörde über das spanische Generalkonsulat versucht, dem Betroffenen bei seinem in Spanien lebenden Vater eine Anlaufstelle zu vermitteln. Daher sei eine sofortige Abschiebung nicht möglich gewesen. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde wies das Oberlandesgericht zurück. Grundsätzlich gelte zwar, dass vorrangiger Zweck der Abschiebungshaft allein die Sicherung der anstehenden Abschiebung sei. Angesichts der Bemühungen der Ausländerbehörde hätten hier jedoch besondere Umstände vorgelegen, die ein Abweichen von dieser Regel zugelassen hätten.
Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts stellte fest, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichts Art. 2 Abs. 2 Satz 2 (Freiheit der Person) in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Das Oberlandesgericht hat die Aufrechterhaltung der Haft über den für eine Durchführung der Abschiebung erforderlichen Zeitraum hinaus unter Berufung auf eine Vorgehensweise gerechtfertigt, die nicht der Sicherung der Abschiebung, sondern der Verhinderung weiterer illegaler Einreisen dienen sollte. Dies findet angesichts des klaren Wortlauts des § 62 Aufenthaltsgesetz, wonach die Abschiebungshaft einzig der Sicherung der Abschiebung dient, im Gesetz keine Stütze. Soweit sich das Oberlandesgericht für berechtigt hält, die Vorschrift auf andere Fallgruppen entsprechend anzuwenden, verkennt das Gericht den Gesetzesvorbehalt in Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG. Danach darf die Freiheit der Person nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes beschränkt werden; insbesondere muss eine Freiheitsentziehung zu jedem Zeitpunkt ihrer Dauer von der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt sein. Dies verbietet eine entsprechende Anwendung des § 62 Aufenthaltsgesetz auf nicht im Gesetz geregelte Fallkonstellationen. Nur der Gesetzgeber darf darüber entscheiden, in welchen Fällen Freiheitsentziehungen zulässig sein sollen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.06.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 65/07 des BVerfG vom 13.06.2007
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