21.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss16.05.2007

Abschie­bungshaft nur zur Sicherung der Abschiebung zulässig

Der in Deutschland geborene Beschwer­de­führer ist spanischer Staats­an­ge­höriger. Nachdem er im Jahr 1997 aus Deutschland ausgewiesen worden war, reiste er unmittelbar danach erneut wieder in das Bundesgebiet ein. In der Folgezeit wurde der Beschwer­de­führer mehr als fünfzehn Mal abgeschoben. Die zuletzt im Februar 2005 vom Amtsgericht angeordnete Abschie­bungshaft dauerte drei Monate. Einen nachträglich gestellten Antrag des Beschwer­de­führers auf Feststellung der Rechts­wid­rigkeit der Dauer der Inhaftierung wegen Verletzung des Beschleu­ni­gungs­gebots lehnte das Landgericht ab.

Um die Gefahr einer erneuten illegalen Einreise des Beschwer­de­führers zu verringern, habe die Auslän­der­behörde über das spanische Generalkonsulat versucht, dem Betroffenen bei seinem in Spanien lebenden Vater eine Anlaufstelle zu vermitteln. Daher sei eine sofortige Abschiebung nicht möglich gewesen. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde wies das Oberlan­des­gericht zurück. Grundsätzlich gelte zwar, dass vorrangiger Zweck der Abschie­bungshaft allein die Sicherung der anstehenden Abschiebung sei. Angesichts der Bemühungen der Auslän­der­behörde hätten hier jedoch besondere Umstände vorgelegen, die ein Abweichen von dieser Regel zugelassen hätten.

Die hiergegen gerichtete Verfas­sungs­be­schwerde war erfolgreich. Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts stellte fest, dass die Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Art. 2 Abs. 2 Satz 2 (Freiheit der Person) in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Das Oberlan­des­gericht hat die Aufrecht­er­haltung der Haft über den für eine Durchführung der Abschiebung erforderlichen Zeitraum hinaus unter Berufung auf eine Vorgehensweise gerechtfertigt, die nicht der Sicherung der Abschiebung, sondern der Verhinderung weiterer illegaler Einreisen dienen sollte. Dies findet angesichts des klaren Wortlauts des § 62 Aufent­halts­gesetz, wonach die Abschie­bungshaft einzig der Sicherung der Abschiebung dient, im Gesetz keine Stütze. Soweit sich das Oberlan­des­gericht für berechtigt hält, die Vorschrift auf andere Fallgruppen entsprechend anzuwenden, verkennt das Gericht den Geset­zes­vor­behalt in Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG. Danach darf die Freiheit der Person nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes beschränkt werden; insbesondere muss eine Freiheits­ent­ziehung zu jedem Zeitpunkt ihrer Dauer von der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt sein. Dies verbietet eine entsprechende Anwendung des § 62 Aufent­halts­gesetz auf nicht im Gesetz geregelte Fallkon­stel­la­tionen. Nur der Gesetzgeber darf darüber entscheiden, in welchen Fällen Freiheits­ent­zie­hungen zulässig sein sollen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 65/07 des BVerfG vom 13.06.2007

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