21.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss14.01.2008

Wieder­ein­führung der 5 %-Sperrklausel für die Wahl zu den hamburgischen Bezirks­ver­samm­lungen ist verfas­sungsgemäß

Das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts hat die Verfas­sungs­be­schwerde von fünf Hamburger Bürgern gegen die Wieder­ein­führung der 5 %-Sperrklausel für die Wahl zu den Bezirks­ver­samm­lungen in der Freien und Hansestadt Hamburg nicht zur Entscheidung angenommen. Bei Wahlen zu den Bezirks­ver­samm­lungen ist die Verletzung der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl nicht mit der Verfas­sungs­be­schwerde zum Bundes­ver­fas­sungs­gericht angreifbar.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts kann im Anwen­dungs­bereich der spezifischen wahlrechtlichen Gleich­heitssätze der Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG im Rahmen einer Verfas­sungs­be­schwerde vor dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht nicht auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückgegriffen werden. Bei Wahlen außerhalb der Anwen­dungs­be­reiche der speziellen Wahlrechts­grundsätze kommen dagegen die Vorgaben des allgemeinen Gleich­heits­satzes zum Tragen.

2. Obwohl Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG hier nicht einschlägig sind (die hamburgischen Bezirks­ver­samm­lungen sind keine Volks­ver­tre­tungen im Sinne des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG; Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG gilt nur für die Bundestagswahl), ist auch bei der Überprüfung der Wahlvor­schriften für die Wahl zu den hamburgischen Bezirks­ver­samm­lungen ein Rückgriff auf den allgemeinen Gleichheitssatz vor dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht nicht möglich.

a) Die Wahl zu den hamburgischen Bezirks­ver­samm­lungen unterscheidet sich grundlegend von den Wahlen, bei denen nach der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts ein Rückgriff auf Art. 3 Abs. 1 GG möglich ist. Im Unterschied zu Personal-, Richter- und Arbeit­neh­mer­ver­tre­tungen sowie der sozia­l­ver­si­che­rungs­recht­lichen Selbst­ver­waltung und im Bereich der Hochschulen üben die Bezirks­ver­samm­lungen unmittelbare Staatsgewalt aus. Es geht nicht lediglich um die Selbst­ver­waltung von eigenen Angelegenheiten, sondern um die unmittelbare Wahrnehmung staatlicher Aufgaben. Darüber hinaus handelt es sich um eine allge­mein­po­li­tische Wahl, an die besondere Anforderungen zu stellen sind. Zudem geht es um die demokratische Legitimierung von Organen, die alle wahlbe­rech­tigten Bewohner eines Bezirks repräsentieren und nicht lediglich für einen eng begrenzten Personenkreis wirken.

b) Es entspricht auch der föderativen Ordnung der Bundesrepublik, dass die Beschwer­de­führer nicht unter Berufung auf Art. 3 Abs. 1 GG die Verfas­sungs­mä­ßigkeit der 5 %-Sperrklausel vor dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht rügen können. Die Einrichtung von Bezirks­ver­samm­lungen ist Ausdruck der staats­or­ga­ni­sa­to­rischen Autonomie der Freien und Hansestadt Hamburg. Es ist dementsprechend Sache des hamburgischen Verfas­sungs­ge­richts und nicht Sache des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts, diese Organi­sa­ti­o­ns­ent­scheidung der Freien und Hansestadt Hamburg nachzuprüfen.

3. Die Beschwer­de­führer werden durch den Ausschluss des Rückgriffs auf den allgemeinen Gleich­heits­grundsatz nicht rechtsschutzlos gestellt. Vielmehr steht den Bürgern ein Rechtsweg zur Verfügung. Das Wahlprü­fungs­gesetz sieht die Prüfung der Wahl zu den Bezirks­ver­samm­lungen durch die Bürgerschaft vor. Gegen die Entscheidung der Bürgerschaft kann von dem Wahlberechtigen eine Entscheidung des Hamburgischen Verfas­sungs­ge­richts herbeigeführt werden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 03/08 des BVerfG vom 18.01.2008

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