14.11.2024
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Dokument-Nr. 1075

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Beschluss27.09.2005Bundesverfassungsgericht2 BvR 172/04 und 2 BvR 834/04 und 2 BvR 907/04
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Bundesverfassungsgericht Beschluss27.09.2005

Trotz Nichtannahme erfolgreiche Verfas­sungs­be­schwerden – Verpflichtung der Fachgerichte zur Belehrung über die Möglichkeit der Wieder­ein­setzung

Die Beschwer­de­führer sind Strafgefangene. Ihre getrennt voneinander eingelegten Verfas­sungs­be­schwerden wurden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

Im fachge­richt­lichen Verfahren hatten sie jeweils eine Rechts­be­schwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die für die Aufnahme zuständigen Rechtspfleger hatten die Niederschriften mit einer beigefügten privat­schrift­lichen Begründung des jeweiligen Beschwer­de­führers an das jeweils zuständige Oberlan­des­gericht weitergeleitet. Die Oberlan­des­ge­richte verwarfen die Rechts­be­schwerden als unzulässig, weil der Rechtspfleger gestaltend an der Abfassung der Rechts­mit­tel­schrift mitwirken und für deren Inhalt selbst die Verantwortung übernehmen müsse. Ein in der Niederschrift enthaltener Hinweis auf die dem Protokoll als Anlage beigefügte privat­schriftliche Begründung des Beschwer­de­führers reiche dafür nicht aus. Eine Wieder­ein­setzung von Amts wegen komme nicht in Betracht.

Mit ihren Verfas­sungs­be­schwerden rügten die Beschwer­de­führer eine Verletzung des Grundrechts auf ein faires Verfahren. Eine fehlerhafte Aufnahme ihrer Rechts­be­schwerde durch den Rechtspfleger dürfe nicht ihnen zur Last gelegt werden. Die 1. Kammer des Zweiten Senats nahm die Verfas­sungs­be­schwerden zwar nicht zur Entscheidung an. Aus der Begründung der Nicht­an­nah­me­ent­scheidung ergibt sich jedoch, dass die Gerichte in Fällen wie den vorliegenden einem Rechtsuchenden den Weg weisen müssen, auf dem vermieden werden kann, dass er wegen eines auf Seiten der Justiz unterlaufenen Fehlers einen Rechtsverlust erleidet:

Die Verfas­sungs­be­schwerde sei nicht zur Entscheidung anzunehmen, da der Rechtsweg noch nicht erschöpft sei. Da eine durch Fehler der aufnehmenden Justiz­be­diensteten bedingte Unzulässigkeit der Rechts­be­schwerde nicht auf einem Verschulden des Beschwer­de­führers, sondern auf einem Fehler der Justiz beruhe, hätten die Beschwer­de­führer die Möglichkeit, zunächst bei den Fachgerichten Wieder­ein­setzung in den vorigen Stand zu beantragen. Eine Wieder­ein­setzung scheide hier nicht wegen Fristablaufs aus. Jedenfalls dann, wenn der Wieder­ein­set­zungsgrund, wie hier, in einem den Gerichten zuzurechnenden Fehler liege, fordere der Grundsatz fairer Verfah­rens­führung eine ausdrückliche Belehrung des Betroffenen über die Möglichkeit der Wieder­ein­setzung. Ohne eine solche Belehrung, die hier bislang unterblieben sei, beginne die Wieder­ein­set­zungsfrist nicht zu laufen. Daher könnten die Beschwer­de­führer innerhalb einer Woche ab Zustellung des Beschlusses des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts durch eine von einem Rechtsanwalt unterzeichnete Schrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle bei dem jeweils zuständigen Landgericht erneut Rechts­be­schwerde einlegen, indem sie gleichzeitig Wieder­ein­setzung in den vorigen Stand beantragen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 98/2005 vom 12. Oktober 2005

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