In gleicher Weise – diesmal mit zehntägiger Stellungnahmefrist - wurde ein weiterer Eilantrag des Beschwerdeführers behandelt, der Disziplinarmaßnahmen wegen Arbeitsverweigerung betraf.
Die Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass die Behandlung der Eilanträge des Beschwerdeführers durch die Strafvollstreckungskammer den Beschwerdeführer in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz verletzt.
Gerichtlicher Rechtsschutz hat so weit wie möglich der Schaffung vollendeter Tatsachen zuvorzukommen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, wenn sich eine Maßnahme bei richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist. Das Anbringen eines Eilantrags gegen eine sofort vollziehbare Disziplinarmaßnahme bei der zuständigen Strafvollstreckungskammer führt zwar nicht ohne weiteres zur Aussetzung der Maßnahme. Das angerufene Gericht ist jedoch verpflichtet, ohne weiteres Zögern in der jeweils situationsgerechten Weise tätig zu werden. Die Regelung des Strafvollzugsgesetzes, nach der Disziplinarmaßnahmen in der Regel sofort vollstreckt werden (§ 104 Abs. 1 StVollzG), ändert an diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen nichts; die grundgesetzliche Garantie effektiven Rechtsschutzes muss vielmehr gerade auch angesichts dieser einfachgesetzlichen Vorgabe zur Geltung gebracht werden.
Die Behandlung der Eilanträge des Beschwerdeführers genügt den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht. Zwar ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht zunächst eine Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt eingeholt hat. Dabei hätte das Gericht aber dafür Sorge tragen müssen, dass durch die weitere Sachaufklärung nicht der Anspruch des Beschwerdeführers auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterlaufen wird. Da Disziplinarmaßnahmen nach dem Strafvollzugsgesetz in der Regel sofort vollstreckt werden, lag die Annahme nahe, dass jedenfalls zum Zeitpunkt des Antragseingangs die Maßnahmen bereits vollzogen wurden. Das Gericht hätte deshalb Maßnahmen zur Beschleunigung des Verfahrens – wie zum Beispiel telefonische Nachfrage bei der Justizvollzugsanstalt, umgehende Übersendung des Antrags per Telefax unter Bestimmung einer kurzen Frist zur Stellungnahme – ergreifen müssen, um eine Entscheidung innerhalb eines im Hinblick auf das Erfordernis des effektiven Rechtsschutzes angemessenen Zeitraums sicherzustellen. Stattdessen hat das Gericht in einer mit regulärer Post übersandten Verfügung der Anstalt eine Stellungnahmefrist von zwei Wochen beziehungsweise – im zweiten Verfahren – zehn Tagen gesetzt und das Verfahren damit so gestaltet, dass eine Entscheidung voraussehbar nicht mehr vor Erledigung durch Vollzug würde ergehen können.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 06.07.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 54/06 des BVerfG vom 21.06.2006