Dokument-Nr. 1093
Permalink https://urteile.news/
Bundesverfassungsgericht Beschluss26.09.2005
Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde eines Strafgefangenen gegen seine Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt
Der seit 1998 inhaftierte Beschwerdeführer wurde im Jahr 2003 in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt. Dadurch verlor er einen fünf Jahre lang innegehabten Arbeitsplatz. Die Verlegung wurde damit begründet, dass einige Stationsbedienstete gegen den Beschwerdeführer, nachdem ihm die Erlaubnis zum Besitz einer Schreibmaschine entzogen worden war, nicht eingeschritten seien, als dieser unrechtmäßig die Schreibmaschine eines Mitgefangenen in Besitz gehabt habe. Dies begründe Zweifel an der notwendigen Distanz der Bediensteten zum Beschwerdeführer. Rechtsmittel des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung waren erfolglos.
Seine Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts stellte eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG fest. Die gegen seinen Willen erfolgende Verlegung eines Strafgefangenen könne für diesen mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen verbunden sein, da alle seine innerhalb der Anstalt entwickelten sozialen Beziehungen praktisch abgebrochen würden. Eine zusätzliche Beeinträchtigung ergebe sich, wenn der Wechsel der Anstalt mit dem Verlust einer Arbeitsmöglichkeit verbunden sei.
§ 85 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) ermögliche die Verlegung eines Strafgefangenen in eine andere Anstalt nur für den Fall, dass dessen Verhalten eine Gefahr für die Anstaltssicherheit oder -ordnung begründe, der in dieser Justizvollzugsanstalt nicht angemessen begegnet werden könne. Eine Verlegung des Gefangenen zur Abwehr von Gefahren, die durch Fehlverhalten des Vollzugspersonals begründet sind, sei dagegen weder vom Wortlaut noch vom Sinn und Zweck des § 85 StVollzG gedeckt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.10.2005
Quelle: Pressemitteilung Nr. 102/2005 des BVerfG vom 19.10.2005
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss1093
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.